Sport & Bewegung als Milliardenchance für Österreich
Das Ergebnis einer Studie von Sports-Econ-Austria im Auftrag der Bundes-Sportorganisation legt nahe, dass Österreich das Potenzial von Sport und Bewegung endlich ausschöpfen muss.
Vergangenen Dienstag traten Funktionäre der österreichischen Bundes-Sportorganisation vor versammelte Medienvertreter, um die Ergebnisse einer jüngst durchgeführten Studie zu verkünden. Unter dem Titel „Der volkswirtschaftliche Nutzen von Bewegung“ wurden von 2013 bis 2015 15.700 über 15-Jährige zu ihrem Aktivitätsniveau befragt. Das Ergebnis der Untersuchung hat bewegendes Potential, denn nicht einmal ein Drittel der österreichischen Bevölkerung erfüllt die Bewegungsempfehlungen der WHO.
Anna Kleissner von Sports-Econ-Austria, jenem Institut, das 2004 auf Initiative der Sektion Sport im Bundeskanzleramt als gemeinnütziger Verein gegründet wurde und laut Eigendefinition als „hochspezialisierte Einrichtung zum Zweck der Forschung, Lehre und Politikberatung auf dem Gebiet der Sportökonomie (und angrenzender Disziplinen)“ operiert, konnte dabei erstmals offenlegen, dass die körperliche Faulheit der Österreicher und Österreicherinnen der Republik bis zu 2,37 Milliarden Euro pro Jahr an direkten Kosten verursacht. Das sind 5,5% der gesamten Gesundheitskosten, wobei mehr als die Hälfte dessen zur Behandlung von im Laufe des Lebens erworbenem Diabetes Typ 2 und Rückenleiden ausgegeben wird. Laut Kleissner konnte die Studie „jene Personen herausfiltern, die deshalb krank werden, weil sie sich zu wenig bewegen“.
Sportunfälle, die diesem Trend widersprechen, fallen dabei nicht so drastisch ins Gewicht, wie so mancher Sportmuffel vermuten könnte. Selbst bei 196.000 Sportunfällen pro Jahr – die Kosten in Höhe von 425 Millionen Euro verursachen – übersteigt der Nutzen die Kosten. „Sport rechnet sich immer“, fasst Kleissner zusammen. Unterstützt wird sie dabei von ÖFB-Präsident Leo Windtner, der meint: „Sport wird als Wirtschaftsfaktor unterschätzt. Sport schafft Arbeitsplätze. Was der Sport von der öffentlichen Hand erhält, ist keine Refundierung, sondern eine Investition.“ Es folgt einstimmige Zustimmung von Seiten der Vertreter der Dachverbände (ASKÖ, ASVÖ, SPORTUNION) und BSO-Präsident Herbert Kocher, der in knapp drei Wochen den Minister zum Gespräch treffen will. Auch Benjamin Raich, langgedienter Skiheld der Alpenrepublik, stellt sich in den Dienst der Sache und wünscht sich eine „glücklichere, gesündere Gesellschaft“. Den frisch ernannten Minister für Sport (und Verteidigung), Hans Peter Doskozil, nennt Windtner präventiv bereits „einen Hoffnungsträger.“ Dem heimischen Sport attestiert er vor allem ein infrastrukturelles Problem. „Fußball, Leichtathletik, Schwimmen, Eishockey, Volleyball. Ich könnte fast alles aufzählen.“ Für Peter Kleinmann, den Präsidenten des Volleyballverbands, ist Sport die Antwort auf vielerlei gesellschaftliche Fragen. Deshalb gehe er auch viele Ministerien an: Gesundheit, Soziales, Bildung, Integration, Finanzen. Man müsse deshalb „in der Bildung ansetzen“. Schon die Kleinsten gehörten bewegt, in den Kindergärten, in den Schulen.
Sport und Bewegung sorgen in Österreich übrigens für eine jährliche Wertschöpfung von 17 Milliarden Euro. Körperliche Aktivität spart dem Staat bisweilen bis zu 530 Mio. Euro (0,2% des BIP) pro Jahr – dabei sind bereits durch Sport entstandene Unfallkosten berücksichtigt. Könnte man die Anzahl der Menschen, die sich ausreichend bewegen, um nur 10 % steigern, wären weitere 117 Mio. Euro an Einsparungen möglich. Würde sich die gesamte Bevölkerung regelmäßig bewegen, rechnet Kleissner mit einem Einsparungspotential von bis zu 1,15 Mrd. Euro.
BSO-Präsident Herbert Kocher sieht daher vor allem die Politik gefordert: „Sport wirkt sich als Querschnittsmaterie auf viele verschiedene Bereiche wie Gesundheit, Wirtschaft oder auch Integration positiv aus. Er ist für Österreich von großer Bedeutung, wird aber oft unterschätzt und zu wenig beachtet. Die BSO fordert daher, die Rahmenbedingungen zur Ausübung von Sport, zum Engagement im Sport und zur Möglichkeit der Angebote für Sport und Bewegung zu optimieren denn der Sport kann viel mehr, wenn man ihn lässt.“
Bei der Pressekonferenz, die auf ORF Sport+ live übertragen wurde, standen u. a. BSO-Präsident Herbert Kocher, ÖFB-Präsident und Vertreter der Fachverbände Dr. Leo Windtner, ASKÖ-Präsident Abg.z.NR Hermann Krist, ASVÖ Burgenland-Präsident Ing. Robert Zsifkovits, SPORTUNION-Präsident und UNIQA-CEO Hartwig Löger, Olympiasieger Benjamin Raich sowie Dr. Anna Kleissner, Studienverantwortliche und stv. Geschäftsführerin von SportsEconAustria, als Gesprächspartner zur Verfügung.
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