Mo, 22. Februar 2016

Sean Foley, der Professor und ich!

Von Oliver Hertl

Zwei Wochen „Disneyland für Golf-Trainer“ in den Vereinigten Staaten –Dr. Kwon, Biomechanik-Experte aus Korea, und Sean Foley, Trainer mehrerer Top-Golfer, gewährten mir exklusive Blicke hinter die Kulissen der Weltklassegolfer.

Protagonist #1: Sean Foley

Es ist anzunehmen, dass dieser Name jedem/jeder Golf-TrainerIn auf der Welt bekannt ist. Auch die meisten ProfispielerInnen sowie viele Hobby- und AmateurspielerInnen werden ihn kennen: Sean Foley, Kanadier, Ex-Trainer von Tiger Woods (als dieser noch die Nr. 1 der Golfwelt war), aktueller Trainer von Justin Rose und Hunter Mahan.

Protagonist #2: Dr. Young-Hoo Kwon

Auch dieser Name ist vor allem im Kreise aller Golf-TrainerInnen kein unbekannter. Ich wette jedoch, dass nur wenige Amateur-GolferInnen Dr. Kwon ebenfalls kennen. Mit einer Tatsache kann man den Bekanntheitsgrad von Dr.Kwon jedoch in der Sekunde stark anheben. Er ist der Mentor, Ausbilder und Partner von Chris Como – der aktuelle Trainer von Tiger Woods und einigen weiteren PGA-Tour Stars. Chris Como studierte bei Dr. Kwon das Fach „Biomechanik“. Gemeinsam haben Kwon und Como in den letzten Jahren die Bewegungsabläufe für eine Vielzahl von absoluten Weltklasse-Golfern und -Golferinnen analysiert.

Tiefe Einblicke auf höchstem Niveau

Bevor ich meinen Bericht beginne, möchte ich allerdings kurz darlegen, weshalb ich ausgerechnet über diese zwei Herren berichte: Mir war es vergönnt, Sean Foley zwei Tage bei der Betreuung seiner Athleten (Justin Rose und Hunter Mahan) auf dem PGA-Tour-Event „Farmers Insurance Open“ in San Diego, zu begleiten. Anschließend besuchte ich Dr. Kwon in Denton/Texas und durfte mehrere Tage bei und mit ihm verbringen. Ich erhielt hierbei einen exklusiven Einblick in Kwon’s knapp 500 000 Euro teures Labor, in dem er in den letzten drei Jahren die Golfschwünge von rund einhundert Weltklasse-Golfspielern und -spielerinnen aufgezeichnet, analysiert und archiviert hat.

Stellt man die Tätigkeitsgebiete von Sean Foley und Dr. Kwon gegenüber, so handelt es sich eindeutig um zwei verschiedene Berufe – auch wenn beide Persönlichkeiten im Golfsport arbeiten und hauptsächlich Weltklasse-SpielerInnen zu ihren Klienten zählen.

Sean Foley – Zwei intensive Tage mit dem Golf-Guru

Zu Zeiten, als sich Sean Foley noch „Trainer von Tiger Woods“ nennen durfte, wurde er von der Fachwelt als „Golf-Guru“ bezeichnet. Foley brachte neuen Wind in die Golftrainer-Szene. Allein durch seine häufigen philosophischen und zeitgeschichtlichen Zitate fanden die Medien rasch Gefallen an ihm. Ein Pionier beim Einsatz von innovativen Produkten à la Trackman, die noch unüblich waren, als Foley damit erstmalig vorstellig wurde. Eine Unzahl von Tattoos auf seinem Körper rundet das Bild des etwas außergewöhnlicheren Golflehrers perfekt ab.

Hat sich Dr. Kwon der Erforschung des Golfschwungs und der Theorie verschrieben, so ist Sean Foley nach ungefähr fünfzehn Jahren als Coach auf den Golf-Touren dieser Welt immer noch direkt an der Front im Einsatz. Seine Tipps müssen daher in der Situation und unverzüglich funktionieren. Sollte sich einer von Foley‘s Golf-Stars kurz vor dem Start der Turnierrunde seiner selbst nicht mehr ganz sicher sein (oh ja, das kann passieren, auch bei der Crème de la Crème des Golfsports), dann muss der Coach schnell und treffsicher etwas aus dem Hut zaubern können. Dabei schöpft Sean Foley aus einem scheinbar unerschöpflichen Reservoir an Möglichkeiten. Ich habe es persönlich live erlebt, dass Foley in mehreren Bereichen des Golfsports mehr als sattelfest ist. Ob Biomechanik, Psychologie, Philosophie, physikalische und ballistische Kenntnisse sowie generelle Erfahrungen aus über zehnjähriger Arbeit auf der Tour – er besitzt definitiv eine hohe Chance die richtigen Knöpfe zu drücken, wenn seine „Rennpferde“ unter Turnier-Stress stehen.

Kein Zweifel, Sean Foley ist ein Vollprofi in seinem täglichen Tun. Am meisten hat er mich allerdings nicht mit seinem großen Know-How, sondern mit seiner Persönlichkeit beeindruckt. Mit seiner Ehrlichkeit und Unbekümmertheit, mit welchen er mir aus seinem (Tour-) Leben berichtete, hat er mich sehr überrascht. Der Kanadier erzählte mir Geschichten über Geschichten oder sogenannte „Schmankerln“ seiner unzähligen Turnier-Erlebnisse, als wir beide zwei Tage lang über die kitschig schönen Golfbahnen an der kalifornischen Küste gelaufen sind.

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Sean Foley´s sozialer Seiltanz abseits der Fairways eines PGA-Tour Events

Sean Foley hat mich in diesen spannenden zwei Tagen kurzerhand zu seinem persönlichen Schatten geadelt. Wie er mich, als bis dahin für ihn fremde Person, regelrecht unter seine Obhut genommen hat. Wie er mich für zwei Tage kurzerhand auf einen Trip mitten durchs Zentrum seines Lebens an Board genommen hat, hatte sicher Seltenheitswert. Ich durfte Sean Foley auf Schritt und Tritt begleiten, als er seinen Spielern, Justin Rose und Hunter Mahan, auf den ersten 36 Löchern des Turniers folgte. Dadurch erlebte ich nicht nur hautnah Foley’s Kompetenz, sondern auch, wie er den täglichen Tour-Zirkus, inklusive aller sozialen Hürden mühelos meisterte. Hier schüttelt er Frau Mickelson die Hand, dort scherzt er (nicht ganz jugendfrei) mit seinem Coach-Kumpel „Butchi“ Harmon. Im nächsten Moment trifft Foley auf die Frau von Hunter Mahan, die dem Trainer ihres Mannes sofort die neuesten Handy-Fotos ihrer Kinder zeigt. In den Zeiträumen dazwischen, schüttelt Sean Foley immer wieder unzählige Hände. Dann begleitet uns plötzlich für eine gute Stunde Mr. Buckthorp, seines Zeichens persönlicher Fitness-Coach von Justin Rose. Foley switcht blitzschnell in eine Biomechanik-Diskussion mit Buckthorp, um die neuesten Details im Golfschwung von Justin Rose zu zerklauben.

Nachdem uns Buckthorp nach diesem, vor allem für mich, sehr interessanten Gespräch wieder verlässt, nutzt Foley die Situation aus, um schnell mit einem seiner Hollywood-Schauspieler-Kunden zu telefonieren. Foley’s prominenter Kunde benötigte anscheinend noch ein paar schnelle Tipps vor einer privaten Golfrunde in Los Angeles.

Als ich kurz dachte, dass Sean Foley bei all diesen Ablenkungen doch unmöglich alle Details der Runde von Justin Rose beobachten konnte, überrascht mich Foley nach dem letzten gespielten Loch von Rose mit einer Analyse-Punktlandung über eben dessen Golfrunde. Foley ärgerte sich übrigens über die letzten beiden Löcher von Justin Rose dermaßen, als würde es sich gerade um Sieg oder Niederlage im Ryder Cup drehen.

Egal wie viele Smalltalk’s ein Trainer-Kaliber à la Sean Foley während einer Turnierwoche erledigt, im Grunde seines Herzens will er nur eines, nämlich dass seine Spieler gewinnen, am liebsten jede einzelne Woche.

Dr. Kwon – Informationen aus erster Hand vom Biomechanik-Star der Profigolf-Szene

Dr. Young-Hoo Kwon ist Koreaner, er lebt jedoch bereits sein halbes Leben in den USA. In der Studentenstadt Denton, unweit von Dallas, ist er der biomechanische Leiter der Texas Woman‘s University. Der Universitäts-Professor unterrichtet jedoch kaum noch – lediglich an zwei Nachmittagen in der Woche hält er Vorlesungen. Diese wenigen Einheiten übt er allerdings mit sehr viel Motivation und Freude aus. Da er mir zwei Tage „Sit-Ins“ in seinen Biomechanik-Klassen erlaubte, durfte ich ihn auch hierbei beobachten.

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Seine wahre berufliche Leidenschaft liegt allerdings in der biomechanischen Forschung und hier vor allem bei der Erforschung des Golfschwungs. Golf ist das richtungsweisende Thema im Leben des Professors und Doktors. Als klassischer Quereinsteiger in das Golf-Business, stürmte Dr. Kwon bereits innerhalb sehr kurzer Zeit auf den Weg nach oben … und erhielt in den letzten Jahren sehr häufig sehr prominenten Besuch aus der Golfspieler-Szene. Es hat sich rasch herum gesprochen, dass man bei und von Dr. Kwon, Informationen erhalten kann, die in der Golfszene derzeit noch nicht alltäglich sind. Alle wollen sie in sein Reich – in eine knapp 500 000 Euro teure Labor-Halle, welche mit einem state-of-the-art 3D-Messsystem ausgestattet ist und zusätzlich mehrere Fuß-Sensoren-Platten inkludiert.

Ich selbst kam auch in den Genuss der technischen Raffinesse dieses high-tech Labors. Halbnackt und mit vielen, direkt auf der Haut haftenden Sensoren, wurde meine Golfbewegung exakt so aufgezeichnet und ausgewertet, wie es momentan nur den Top-Golfern und -Golferinnen dieses Planeten vorbehalten ist. Natürlich nicht, um mein eigenes Golfspiel voran zu treiben, wohl aber um sehr wichtige Eindrücke und Informationen für meine Athleten und Athletinnen mit nach Hause zu nehmen.

 

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Sogenannte 3D-Schwungaufzeichnungen (und nicht nur 2D-Videoanalysen) werden von Dr. Kwon und seinem Team durchgeführt. Ohne diese 3D-Messungen würde Dr. Kwon gar keine ernsthaft objektive Aussage über einen Golfschwung und einen Bewegungsablauf treffen können oder wollen. Video (2D) war gestern, heute ist 3D, sozusagen. In der Medizin, zum Beispiel, gibt es ebenfalls einen deutlichen Unterschied zwischen einem Röntgen und einer MR-Untersuchung.

Für Dr. Kwon sind solche Messverfahren bereits Alltag. Bei jeder Geh-Analyse und jeder biomechanischen Studie werden und wurden seit jeher 3D-Aufzeichnungen verwendet.

Dr. Kwon ließ in den Tagen meines Besuchs unter anderem mit dieser Aussage aufhorchen:

„Die Ära der 3D-Analysen im Golfunterricht wird erst kommen, sie ist aber nicht mehr allzu fern. Diese Ära steht vor der Türe und wird nicht erst in einigen Jahrzehnten von heute beginnen. Es werden 3D-Geräte den Golf-Markt erobern, die deutlich leichter zu bedienen und verstehen sein werden, als aktuelle Systeme. Auch die Preise für 3D-Systeme werden in den Keller fallen.“

Vor knapp dreißig Jahren hatte eine Videokamera im Golfunterricht noch Seltenheitswert, heute werden bereits mit jedem Smartphone Golfschwünge aufgezeichnet. So wird sich das auch einmal mit 3D-Aufzeichnungen verhalten.

Zumindest ich persönlich hoffe, dass der Doc Recht behält (und er wird Recht behalten!), denn dann würde ich einen kleinen Wettbewerbsvorteil besitzen. Ich verwende bereits seit vier Jahren mein eigenes 3D-System und verfüge über detaillierte Messdaten von knapp dreihundert GolferInnen. So viele Daten hat nicht einmal Dr. Kwon archiviert. Zugegeben, Dr. Kwon hat zu 98 % Weltklasse-SpielerInnen vermessen, ich selbst im selben Prozentsatz Amateur- und HobbyspielerInnen. Nichtsdestoweniger war Dr. Kwon auch an den Ergebnissen meiner Vermessungen interessiert. Wenngleich er abschätzen kann, wie ein Nicht-Berufsgolfer den Schläger schwingt, erhält er gerne eine Bestätigung aus der Praxis.

Mittlerweile reist Dr. Kwon immer häufiger um die Welt, um sein Wissen in Seminaren weiter zu geben. Er unterstützt außerdem TrainerInnen weltweit, um die Qualität im Golfunterricht voran zu treiben. Dies sogar teils unentgeltlich. Dr. Kwon merkte in einem Gespräch augenzwinkernd an, dass er erhofft, eines Tages für seine Bemühungen einen „Golf-Nobelpreis“ zu erhalten.

Resümee

Foley’s favorisierter Tipp für mich als Trainer sagt bereits einiges über die Persönlichkeit von Sean Foley aus:

„Manchmal muss man auch zugeben, dass man etwas nicht weiß. Das tut allen Beteiligten immer wieder mal sehr gut.“

So war es auch vor Ort. Justin Rose verpasste den Cut, Foley meinte: „Die Trainingseinheiten in dieser Woche waren nicht unsere besten. Die Kommunikation wollte nicht perfekt gelingen“. Ich kenne Sean Foley nach diesem einem einzigen Erlebnis natürlich nun nicht wirklich, aber wenn ich alle meine Eindrücke auf eine einzige Erinnerung zusammenfassen würde, würde ich sagen: Er ist ein Vollprofi und zugleich einfach ein sehr netter Kerl. Sehr mit sich im Reinen, ständig in Selbst-Reflexion und Selbstironie unterwegs und von Ego ist weit und breit keine Spur! Das mag beim perfekt gestylten Erscheinungsbild und Foley’s Image anders anmuten. Ich kann mich an diesem Punkt selbstverständlich auch irren. Vielleicht ist mein überaus positives Bild über die Person Sean Foley auch dadurch verzehrt worden, da ich von ihm sogar zum Essen im schwer abgeriegelten Clubhaus eingeladen wurde. Alleine die kindliche Freude, die Foley hatte, als er mich ohne jegliche Akkreditierung am Sicherheitspersonal vorbei bekommen hat, zeigt, wieviel Normalität er sich nach den harten Profijahren auf der Tour behalten hat.

Müsste ich dem Superstar-Trainer zum Abschied noch etwas nachrufen müssen, würde ich es etwa so probieren:

„Sean, das war 1A, das hatte Stil, das hatte vor allem menschliche Nähe, das waren (neben all der hochwertigen und beruflichen Informationen) vor allem sehr chillige und coole Tage. Ein ganz ehrliches ‚Thank you‘ dafür!“

Ich könnte diesen Text nun einfach kopieren, nur den Namen austauschen, und ebenso auf Dr. Young-Hong Kwon anwenden. Ich erhielt erstklassige Informationen vom Professor der Biomechanik, die mir beruflich sehr weiterhelfen. Aber vor allem die Art und Weise, wie er mit mir als Person und Mensch umgegangen ist, hat mir imponiert.

Dr. Kwon behandelte mich wie einen sehr freundschaftlichen Gast. Hat mich Sean Foley zum Essen im Clubhaus eingeladen, so war ich bei Young-Hoo und seiner Familie, in sein Haus, zum Abendessen zu Gast. Inklusive einiger seiner besten Freunde. Zum krönenden Abschluss dieser sehr ereignisreichen zwei Wochen, wurde ich von Dr. Kwon und dessen Team schlussendlich zwei Mal auf eine 18-Loch Golfrunde eingeladen. Ich darf berichten: Der Doktor ist ehrgeizig beim eigenen Golfspiel und schlägt einen sportlichen Ball. Die Dynamics in der Bewegung sind ihm berufsbedingt sehr wichtig, daher versucht er selbst mit bestem Beispiel voran zu gehen.

Das Know-How von Dr. Kwon und Sean Foley ließen keine Fragen offen. Doch auch Ihre menschlichen Qualitäten standen ihren beruflichen um nichts nach.

 

Über den Autor

  • Name: Oliver Hertl
  • Beruf: Golfprofessional, Golfschulleiter im Leading Golf Course GC Gut Murstätten
  • Ausbildungen/Titel: Offizieller Analytiker des österreichischen Golfverbands für Biomechanik und 3D-Messungen, TPI-Fitness Professional, staatlicher Instruktor, Diplomgolflehrer

Mein Steckenpferd ist die Biomechanik.

Mit meinem persönlichen 3D-System habe ich in den letzten Jahren die Bewegungen von knapp dreihundert GolferInnen aufgezeichnet, analysiert und archiviert.

Zusätzlich bin ich sehr stolz, seit vier Jahren als Consultant für den österreichischen Golfverband tätig zu sein. Im Rahmen dieser Tätigkeit zeichne ich jährlich alle Golfschwünge der aktuellen Nationalkader-Spieler mit meinem 3D-System auf und übermittle meine schriftlichen Analysen an den Verband.

Website: www.hetgolf.at, www.gcmurtaetten.at

Email: oliver_hertl@hetgolf.at

Telefon: +43 699 111 96669