Mi, 5. April 2017

Bühne frei für die Ladies!

Golf ist nur ein Männersport? Keinesfalls! Die ÖGV Verbandsärzte Dr. Robert Kocher und Dr. Bernhard Zwick decken Klischees aus grauer Vorzeit auf und stellen die Unterschiede zwischen Frauen und Männer gegenüber.

ÖGV

Golf ist eine der ersten Sportarten, die von Frauen ausgeübt wurde und in dem es schon früh Wettkämpfe für Frauen gab. Heute erfreut sich Golf eines sehr hohen Frauenanteils von über 30% weltweit, in Österreich sind es sogar 35% und damit sind wir absolute Spitze in der EU!

Biologie und Medizin:

Die biologischen Unterschiede zwischen Frauen und Männern führen im Golfsport zu unterschiedlichen Verletzungsmustern und damit zu etwas anderen Trainingsschwerpunkten in der Vorbereitung. Frauen haben meist auch eine andere Motivation ihren Sport auszuüben. Das größere ästhetische Bewusstsein führt zu einem anderen Verhalten bei Flüssigkeits- und Nahrungszufuhr während der Belastung. Diese Aspekte müssen individuell analysiert werden, um persönliche Potentiale optimal zu nützen.

Biologische Voraussetzungen:

Männer sind im Durchschnitt größer und schwerer, haben mehr Muskelmasse und sollten weniger Körperfett haben. Normalerweise besteht bei Männern der Körper zu rund 40 Prozent aus Muskelgewebe. Der Fettanteil sollte nur 15 Prozent betragen. Frauen haben, biologisch sinnvoll, ein anderes Verteilungsmuster. Ihr Muskelgewebe macht etwa 30 Prozent und das Fettgewebe etwa 25 Prozent aus. Natürlich gibt es hier individuelle Unterschiede, aber im Schnitt sieht das Verteilungsmuster so aus. Selbst Spitzensportlerinnen haben noch einen höheren Fettanteil als Männer.

Sportmedizinisch bedeutet dies, dass Männer größere Kraft und Schnelligkeit entwickeln können. Dieser Unterschied ist ein wesentlicher Faktor für die unterschiedliche Schlagweite und wird im Golf durch verschiedene Abschlagboxen respektiert.

Auch der intrazelluläre Aufbau ist unterschiedlich. So besitzen Frauen mehr genetisches Material. Das Zweite X Chromosom ist größer als das Y Chromosom der Männer und die Genforschung vermutet, dass Frauen dadurch stabiler gegen Strahlenbelastungen und Schmerzen sind. Die Muskelzellen von Frauen besitzen aber weniger Mitochondrien als die Muskelzellen der Männer. Mitochondrien sind die Kraftwerke der Zellen.

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Hormone:

Erwachsene Frauen bauen bei sportlicher Belastung mehr Fett ab als Männer, dafür bauen sie aber weniger Eiweiß auf und verstoffwechseln weniger Kohlenhydrate. Ein Grund dafür ist unter anderem das weibliche Sexualhormon Östrogen.
Testosteron, das im weiblichen wie im männlichen Körper vorkommt, wird bei den Frauen in wesentlich geringeren Mengen produziert. Diese geringere Testosteronkonzentration im weiblichen Körper ist auch verantwortlich für die verminderte Muskelkraft von Frauen – und dafür, dass sie größere Fettspeicher in Muskeln und Unterhaut-Gewebe anlegen: Trainierte Sportlerinnen haben einen Fettanteil von etwa 18 Prozent, vergleichbare Sportlerkollegen einen von etwa elf Prozent.

Mit all diesen biologischen Faktoren lässt sich im Groben erklären, warum Frau im Golfsport kürzere Schlagweiten haben.

Verletzungen:

Unsere Untersuchungen (Kocher+Zwick haben ein standardisiertes Verfahren zur funktionellen Bewegungsanalyse entwickelt; Anmerkung der Redaktion) haben folgendes gezeigt:

Frauen sind in den Hüftgelenken und in den Schultergelenken wesentlich flexibler als Männer. Es  fehlt aber an Stabilität bei den Schulterblattfixatoren und im Körperkern. Die Separation zwischen Ober- und Unterkörper ist bei Frauen besser als bei Männern. Die Beweglichkeit der Brustwirbelsäule ist bei Männern und Frauen annähernd gleich (wenn auch bei beiden Gruppen sehr oft eingeschränkt). Der Körperbau spielt für uns eine untergeordnete Rolle. Grob vereinfacht fehlt es den Frauen an dynamischer Stabilität und den Männern an Mobilität. Die Kraft und die Schnellkraftentwicklung in den Armen sind bei Frauen geringer.

Diese Unterschiede erklären auch die typischen Verletzungsmuster im Damen Golfsport.

Frauen verletzen und überlasten sich sehr häufig in den Handgelenken und im Ellbogen. Meist fehlt es an der Stabilität der Schulterblätter und an der Unterarm- und Handkraft. Hierauf werden wir in einem der nächsten Beiträge eingehen.

Unser Tipp: Funktionelles Schulterblatt-Stabilitäts- und Unterarm- und Handkrafttraining unter Anleitung eines Physiotherapeuten.

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Mental:

Frauen haben einen wesentlich geduldigeren Ansatz im Golfsport. Sie sind können mit Stresssituationen sehr gut umgehen und sie verfolgen sehr konsequent ihre Ziele.

Ernährung und Flüssigkeit:

Frauen trinken sehr wenig während der Belastung. Als Grund wird der vermehrte Harndrang bei gesteigerter Flüssigkeitszufuhr angegeben. Aufgrund der meist schlechten Toilettensituation (meist nur eine Toilette auf 18 Löchern) verzichten Frauen deshalb sehr häufig auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr. Hier haben es die Männer deutlich einfacher (Sie finden immer einen Baum bei einem hinteren Abschlag).

Auch bei der Energiezufuhr (Essen) sind Frauen kalorienbewusster. Das hat zur Folge, dass Frauen auf den 4 Stunden am Golfplatz nicht nur zu wenig trinken sondern auch viel zu wenig essen.

Unser Tipp: Ausreichend Trinken und Essen während der Belastung.

Fotocredits: Foto Freisinger