Das richtige Warm-Up zählt

Die ÖGV Verbandsärzte Dr. Robert Kocher und Dr. Bernhard Zwick beleuchten aus sportmedizinischer Sicht warum Sie sich vor Ihrer Golfrunde unbedingt aufwärmen sollten!

Von Dr. Robert Kocher und Dr. Bernhard Zwick

Im Herbst und Winter gibt es für Golfer einiges zu beachten. Wenn am Golfplatz die Außentemperaturen sinken, die Luft feucht und der Boden nass ist, spielt die Körpertemperatur eine wichtige Rolle. Je höher die Körper-Kern-Temperatur ist, desto leichter kann man Golf spielen.

Medizinischer Hintergrund

Vor einer Golfrunde wärmen sich laut einer australischen Studie nur drei Prozent der Sportler adäquat auf. Die Auswertung einer Umfrage bei österreichischen Amateuren erbrachte ähnliche Ergebnisse und wir mussten feststellen, dass die durchschnittliche Dauer des Aufwärmens hierzulande bei etwa 46 Sekunden liegt. Besonders in der kalten Jahreszeit sollte aber das Aufwärmen ein fester Bestandteil einer Golfrunde sein.

Aus sportmedizinischer Sicht sehen wir drei große Bereiche des Aufwärmens

  • Erhöhung der Körper- bzw. Gewebstemperatur
    • Verringertes Verletzungsrisiko
      • Erhöhte Dehnbarkeit von Gewebe und Gelenken
    • Schnellere Energiebereitstellung und höhere Leistung
      • Hämoglobin, Myoglobin, O2
      • metabolische Prozesse
    • Verbesserte neuromuskuläre Aktivität und höhere Leistung
    • Psychologischer Effekt
      • Warm Up Routine
      • Mentale Aktivierung

Beim Golfschlag kommt es zu hohen Belastungen an Gelenken, Sehnen und Muskeln. Je höher die Körpertemperatur ist, desto geschmeidiger sind Bindegewebe, Muskel, Sehnen und Gelenke. Deshalb gilt eine einfache Regel: je wärmer der Körper desto geringer ist das Verletzungsrisiko.

Leistungssteigerung – Sportwissenschaftliche Untersuchungen zeigen folgende Ergebnisse: beim vertikalen Sprung erhöhte sich die Sprungleistung um 3,1-9,6% pro 1 Grad höher Körpertemperatur. Beim 100 Meter Sprint verbesserte sich die Laufleistung um 2,3-2,7% pro 1 Grad höher Körpertemperatur. Auf Golf umgelegt, schlägt man mit einem aufgewärmten Körper den Ball weiter, was gerade bei kalten und nassen Bedingungen kein Nachteil ist.

Metabolische Effekte – ein aufgewärmter Körper verstoffwechselt die Energie leichter. Ein warmer Motor läuft einfach besser.

Eine neuronale Aktivierung ermöglicht schnellere Reaktionen. Mit anderen Worten ist ein aufgewärmter Körper besser koordiniert. Das hilft vor allen Dingen beim kurzen Spiel.

Psychologischer Effekt – ein nicht zu unterschätzender Faktor ist auch der „Wohlfühl-Effekt“ eines aufgewärmten geschmeidigen Körpers. Wenn man eine Aufwärmroutine hat, hilft das Außerdem beim 1. Abschlag (Vorstart-Routine).

Prinzipiell gibt es viele richtige und individuelle Methoden sich vor einer Golfrunde aufzuwärmen. Wichtig ist nicht die Methode sondern, dass man sich aufwärmt.

Wir empfehlen ein leicht zu erlernendes und rasch durchführbares Programm. Das Programm soll den Körper beweglich machen und die Psyche auf die bevorstehende Belastung positiv einstimmen. Nachfolgend einige Möglichkeiten sich aufzuwärmen. Man kann die Methoden selbstverständlich auch kombinieren.

A: aktiven Dehnen

Beim aktiven Dehnen wird ein Muskel mit der Kraft seines Gegenspielers gedehnt (siehe Bild). Der Vorteil des aktiven Dehnens ist eine verstärkte Durchblutung der gedehnten und der dehnenden Muskulatur. Die Faszien, Sehnen und Muskeln werden gleichmäßig und nicht zu stark gedehnt. Jeder Mensch dehnt sich aktiv – wenn er sich früh morgen genussvoll durchstreckt. Genau das sollte der Intensität und der Dauer des aktiven Dehnens entsprechen.

Suchen Sie sich für Ihr Aufwärm-Programm am besten einen ruhigen und wenn möglich wohltemperierten Ort (zum Beispiel einen Umkleideraum). Halten sie die End-Positionen beim Dehnen nicht länger als 5-7 Sekunden, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Ein zu langes aktives Dehnen kann zu einer Übersäuerung der Muskulatur führen.

Atmen Sie gleichmäßig und vermeiden sie Schmerzen unter allen Umständen. Es soll sich beim Dehnen nur ein leicht ziehendes Gefühl einstellen. Beginnen Sie immer gleich, z.B. mit den Unterarmen und arbeiten Sie sich langsam immer im gleichen Rhythmus durch.

Folgende Bereich sollten besonders beweglich sein: Handgelenke, Schultergelenke, Brustwirbelsäule, Hüftgelenke, Sprunggelenke

Den Körperkern, die Kniegelenke und die Schultergelenke sollte man mit einfachen Übungen aktivieren.

Aktives Dehnen
B: Lockeres Herz-Kreislauftraining

Es genügen 3-7 Minuten ganz langsames Laufen oder sehr schnelles Gehen, um die Körper-Kern-Temperatur zu steigern.

Herz Kreislauf
C: Funktions-Gymnastik

Ein fünf Minuten Aktivierungsprogramm mit einem Thera-Band oder mit ganz einfachen Übungen (Kniebeugen, Aktivierung des Körperkerns, Aktivierung der Schulterblattstabilität etc.) steigert ebenfalls die körperliche Leistungsfähigkeit.

Funktions Gymnastik
D: Faszien-Rollen

Am besten zu Hause einige Minuten mit der Faszien-Rolle arbeiten. Wichtige Stellen sind: die Waden, Oberschenkel auf der Seite, Brustwirbelsäule.

Faszienrolle
Allgemeine sportmedizinische Tipps:

In der kalten, nassen Jahreszeit ist ein warmes wasserdichtes Schuhwerk unabdingbar. Warme Golfhandschuhe (Überzieher) helfen ebenfalls. Auch der Nacken ist eine sehr empfindliche Region, die leicht abkühlt und er ist deshalb zu schützen.

Medizinische Bemerkung: Besonders die Unterarme, Hände, Unterschenkel und Füße kühlen sehr leicht ab, da hier die Gefäße sehr oberflächlich liegen und der Wärmeaustausch rasch von statten geht.

Funktionswäsche:

Hier bietet die Industrie eine Reihe von hoch funktionellen Systeme an. Vor allen das „Zwiebelschalen System“ mit mehreren aufeinanderliegenden Schichten, hat sich hier perfekt etabliert. Sollten man während der Runde länger Stehen oder beim Ball suchen wieder abkühlen, ist es ratsam die nächsten Schritte deutlich schneller zu gehen oder einige Übungen zu machen.

Zusammenfassung der Vorteile des Aufwärmens:
  • Optimale Vorbereitung der Muskulatur, der Faszien, Sehnen und Gelenke
  • Geringer Zeitaufwand
  • Überall durchführbar
  • Deutliche Verbesserung des Wohlempfindens
  • Senkung der Verletzungsgefahr
  • Wir wünschen Ihnen eine Verbesserung der Scores auch in der kalten Jahreszeit!

Fotocredits: Foto Freisinger