Die Bedeutung des Golfsports in der Sportmedizin

Die ÖGV Verbandsärzte Dr. Robert Kocher und Dr. Bernhard Zwick im Interview über die Bedeutung des Golfsports in der Sportmedizin und über die zukünftigen Entwicklungen.

Von Nicola Wolf

Nicola Wolf (NW): Ihr seid nun schon mehr als ein Jahrzehnt Verbandsärzte des ÖGV, was hat sich in dieser Zeit aus sportmedizinischer Sicht verändert?

Dr. Robert Kocher und Dr. Bernhard Zwick (K&Z): Die große Veränderung des Golfs liegt in der Tatsache, dass sich Golf zu einem sehr athletischen Sport entwickelt hat. Das gilt sowohl für Hochleistungsbereich als auch für den Hobbysport. Die Erkenntnisse der Sportwissenschaft und der Sportmedizin tragen natürlich wesentlich zu dieser Entwicklung bei.

NW: Ihr seid ja quasi die Pioniere im funktionellen Gesundheits- und Fitness Bereich. Könnt ihr kurz beschreiben, was man unter funktioneller Fitness versteht?

K&Z: Prinzipiell geht es um eine langfristige Prävention und Leistungssteigerung. Starke Muskeln nützen wenig, wenn die Beweglichkeit oder die Koordination nicht stimmt. Das wäre als würde man den Motor eines Sportwagens in ein kleines Familienauto bauen. Sobald man voll Gas gibt hat man gute Chancen das Auto zu ruinieren oder einen Unfall zu verursachen. Fahrgestell und Motor passen eben nicht zueinander. Ähnlich ist es im Körper. Unkontrollierte Kraft bei zu wenig Funktion bringt die Gefahr für Verletzungen. Das haben wir früh erkannt und entsprechend Maßnahmen gesetzt. Was und aber besonders freut ist das große Verständnis der Trainer, Top Sportler und Hobbygolfer für Ihre funktionelle Fitness.

NW: Was waren das für Maßnahmen?

K&Z: Zuerst muss das Verständnis einer Dach-Organisation vorhanden sein. Hier ist der ÖGV ein Vorzeigeverband und das weltweit! Im nächsten Schritt ist ein Bewusstsein bei den Sportlern zu schaffen. Das braucht Zeit und ist macht viel Arbeit, da viel geschrieben und konsequente Öffentlichkeitsarbeit gemacht werden muss. Das ist sehr gut gelungen.

NW: Wie sind die Ergebnisse?

K&Z: Heute können wir sagen, dass sehr viele Golfer konsequent an ihrer Golffitness arbeiten. Wir wissen, dass es Gruppen gibt, die im Winter regelmäßig mit Sportwissenschaftlern und Physiotherapeuten arbeiten. Vor allem die älteren Athleten haben hier ein hohes Körper-Bewusstsein. Wir sehen eine zunehmende Bereitschaft, für den Sport auch fernab des Golfplatzes zu trainieren. In kaum einer Sportart geschieht dies so konsequent wie im Golfsport. Darauf sind wir sehr stolz.

NW: Wie ist der Stellenwert des Golfs in der österreichischen Sportmedizin?

K&Z: Die österreichische Sportmedizin hat Golf über einen langen Zeitraum sehr wenig wahrgenommen. Obwohl der Golfverband zu den 5 größten Sportverbänden in Österreich zählt, wird in der österreichischen Sportmedizin traditionell mit sehr hoher Qualität der Focus mehr auf die Therapie von Verletzungen und die Leistungsdiagnostik gelegt. Eine Sportart wie Golf hat hier lange Zeit nicht ins Schema gepasst. Es gibt ja im Golf wenig akute Verletzungen und Laktat Tests bringen kaum eine Leistungssteigerung. In den letzten 2-3 Jahren gab es aber schon einige sportmedizinische Veranstaltungen die den komplexen gesundheitlichen Wert des Golfsports erkannt haben.

NW: Wie ist der internationale Stellenwert des Golfsports in der Sportmedizin?

K&Z: Das hängt vom Land ab. In manchen Ländern USA, England, Spanien, Schweden, Deutschland, Japan beschäftigt sich die Sportmedizin sehr intensiv mit dem Golfsport und bringt auch sehr interessante Ergebnisse. Diese Ergebnisse sind sowohl für den Hobbysport als auch für den Spitzensport wichtig.

NW: Was bringt die Sportmedizin für den einzelnen?

K&Z: Zuerst einmal: Golf ist gesund! Golfer leben ein paar Jahre länger als die Normalbevölkerung. Das gibt natürlich die Sicherheit den richtigen Sport gewählt zu haben.

Dann beschäftigt sich die medizinische Biomechanik sehr intensiv mit der funktionsweise des Körpers. Hier entstehen neue Therapien und Trainingskonzepte die zuerst im Spitzensport ausprobiert und dann im Breitensport verwendet werden.
Auch fließen sportmedizinische Erkenntnisse in die Materialentwicklung (Schuhe, Schläger, Kleidung) und die Verbesserung von diversen Trainingsgeräten ein.
Erkenntnisse der sportmedizinischen Ernährung verbessern ebenfalls den Golfsport.

NW: Was wird die Zukunft bringen?

K&Z: Mit Sicherheit ständig weitere kleine Verbesserungen. Die Forschung bringt uns täglich neues Wissen. Dadurch können wir komplexe Zusammenhänge besser verstehen. Dadurch gelingt es uns, uns besser zu entwickeln und uns ständig neu anzupassen.

NW: Gibt es in naher Zukunft einen sportmedizinischen Kongress mit dem Thema Golf als Schwerpunkt in Österreich?

K&Z: Ja, es wird demnächst ein Veranstaltung in Wien geben, Infos folgen asap.

NW: Vielen Dank für das ausführliche Gespräch.