Mi, 10. April 2019 Wien

I am what I am

Mit Lösungskreativität zu niedrigen Scores - was Sie von Behindertengolfern lernen können!

Von Roland Mayer, Dr. Robert Kocher und Dr. Bernhard Zwick

Dieses Lied bzw. den gesamten Text Gloria Gaynors könnten wir für alle Golferinnen und Golfer auch mit der Zeile „Es ist wie es ist“ subjektivieren. Ein Ball, der gerade noch in den Bunker rollt, um Zentimeter das Fairway verfehlt oder ein Schlag, der um einen halben Meter zu kurz gerät und ins Wasser abtaucht. Wer kennt das nicht?

Wir hadern mit dem „Pech des Tüchtigen“. Der Golfsport findet auf einem von der Natur beeinflussten Spielfeld statt und das Wetter und die Jahreszeiten tun ein Übriges, dass wir ständig neue Situationen vorfinden und im Einklang mit den äußeren Umständen unser Spiel gestalten müssen. Es sind aber nicht nur die äußeren Umstände die uns betreffen. Es sind wir selbst!

Regel 1.1. enthält den Satz „Spiele den Ball, wie er liegt“ und diese Worte beinhalten auch „Akzeptiere deine gegenwärtige Spielsituation“. Diese Regel ist mehr als eine unveränderbare Vorgabe. Sie ist wesentlicher Teil der Philosophie des Golfsports. Wir könnten sie erweitern mit einem Zusatz: Spiele so, wie es dir dein Körper und dein Geist erlaubt. Akzeptiere die Möglichkeiten und Grenzen, die dir als Golferin oder Golfer eigen sind.

Nicht jammern, sondern spielen – sportmedizinische Hintergründe

Jeder Golfer durchlebt während einer Runde Golf herausfordernde Situationen. Viele davon werden mit technischem Können, einige mit Geschick und Kreativität, manche mit Glück und einige Situationen werden eben nicht bewältigt. Es entscheidet aber neben dem Lösungsweg, auch der Umgang mit dem Ergebnis – egal ob gut oder schlecht. Eine Gruppe von Golfenthusiasten unter uns beschäftigt sich bei jedem Training und auf dem Platz mit dieser nicht niedergeschriebenen Regel –  Golfer mit Behinderung. Das sind die Behindertensportler – sie bestechen durch außergewöhnliche mentale Fähigkeiten.

Doch was sind die Ursachen für diese Fähigkeiten und wie kann jeder Golfer In davon profitieren?

Roland Mayer, Captain der Österreichischen Disabled Nationalmannschaft, bringt es auf den Punkt. „Ich muss mit der Situation so wie ich sie vorfinde immer (und sehr schnell) zurechtkommen. Jammern oder lamentieren bringt, außer eines Zeitverzögerung und schlechten Entscheidungen, nichts. Das gilt aber nicht nur für den Golfsport sondern für das ganze Leben“. Aus neurowissenschaftlichen Untersuchungen kann man diese Haltung zu 100% nachvollziehen.

Werden negative Gedanken erlebt, setzt das Gehirn Botenstoffe – Neurotransmitter – frei, die unsere rationale Entscheidungsfindung und unsere Lösungskompetenz herabsetzten. Auch richtige Bewegungsausführung wird unter Stress deutlich schwieriger. Menschen mit Behinderungen stoßen täglich auf unerwartete und zum Teil große Hindernisse. Nur mit Ruhe, Lockerheit und einer gewissen Freude lassen sich schwierige Situationen richtig einschätzen und lösen. Das gilt natürlich auch für einen Sport, in dem ständig neuen Herausforderungen warten.

Disabled Golfers zeichnen sich durch eine hohe Lösungskreativität und einer großen Freude und Ruhe aus. Zuerst entspannen, dann nachdenken und dann spielen. Diese Reihenfolge: Entspannung Lösungsansatz finden Schlag durchführen und das Ergebnis wertfrei akzeptieren ist für das Gehirn die optimale Reihenfolge. Natürlich lässt es sich nicht ständig umsetzen aber je öfter man es versucht umso leichter gelingt es.

Auch fällt auf, dass Disabled Golfers am Golfplatz viel mehr lachen. Das hat zur Folge, dass im Gehirn Neurotransmitter (Glückshormone) ausgeschüttet werden, die den Bewegungsablauf erleichtern. Lächeln hilft enorm, egal wie schwierig die Situation ist.

Auch das Wettkampfverhalten der meisten Disabled Golfers ist beeindruckend. Sie lieben den Golfsport, denn hier können sie mit jedem Golfer zocken. Denn das Spiel (Handicapsystem) erlaubt, dass nicht behinderte Golfer und Disabeld  Golfers gemeinsam spielen. Eine Möglichkeit, die es nur in wenigen Sportarten gibt.

Welche Punkte sind aus sportpsychologischer und neurowissenschaftlicher Sicht bei disabled GolferInnen besonders beeindruckend:

  • Lösungskompetenz
  • Umgang mit Fehlern
  • Stresstoleranz bei unglücklichen Umständen
  • Wettkampfverhalten.
  • Lernen aus Einschränkung
  • Akzeptieren von Tatsachen
  • Erkennen von Stärken
  • Akzeptieren von Glück und Pech
  • Durchhaltevermögen

Wann immer sie die Möglichkeit haben mit einem Disabled GolferIn zu spielen – nützen Sie diese Chance – beobachten Sie ihr Verhalten – und Sie werden neue Aspekte für Ihr Golfspiel gewinnen!