Do, 9. Dezember 2021

Der Sportdirektor am Wort

ÖGV Sportdirektor Niki Zitny spricht über die sportlichen Fortschritte in Zeiten der Pandemie

Von Jakob Lamprecht

Wir haben uns mit ÖGV Sportdirektor Niki Zitny über die vergangen beiden Jahre unterhalten und sprechen dabei über die sportlichen Fortschritte in Zeiten der Pandemie.

Niki, in den vergangenen beiden Jahren war Corona wohl in allen Bereichen des Golfsports das bestimmende Thema. Wie geht es einem Sportdirektor in einer derartigen und für alle neuen Situation?

„Die Situation war und ist für uns alle eine sehr herausfordernde. Am meisten tut es mir für die vielen jungen Talente in Österreich Leid, die Einschränkungen im Turnierspielen und Training hinnehmen mussten und müssen.“

Wobei wir uns als Outdoor-Sportart im Vergleich zu anderen Sportarten jedoch noch einigermaßen glücklich schätzen können.

„Als Verband haben wir zusammen mit unseren Trainern und Ärzten stets versucht einen bestmöglichen Sportbetrieb aufrecht zu erhalten, wobei wir natürlich eine besonders strenge und genaue Evaluierung der jeweiligen Situation vorgenommen haben.“

Auf welche Bereiche hatte bzw. hat die Pandemie den größten Einfluss und warum? 

„Die Auswirkungen sind und waren für fast alle groß. Im Bereich des Leistungssports konnten viele Turniere national wie international nicht stattfinden, Trainings mussten abgesagt bzw. verschoben werden, und am schlimmsten wurden Qualifikationsmöglichkeiten und sportliche Entwicklungsmöglichkeiten gestrichen. Im Bereich des Breitensports waren die Golfplätze nahezu durchgehend offen, jedoch hat die Pandemie für viele die essentiellen positiven Erlebnisse und Erfahrungen einer Sportausübung teilweise stark eingeschränkt. Unter anderem konnte nicht mehr mit Freunden gespielt werden, gemeinsame Feierlichkeiten und gesellige Preisverteilungen waren kaum möglich, usw… generell ist also die wichtige Säule der Freude an einer Sportart weggebrochen.“

Wie wurden diese Herausforderungen gelöst bzw. nach welchen Lösungen wird noch gesucht?

„Der ÖGV hatte von Beginn an einen guten Austausch und Kontakt mit den Ministerien und versucht behutsam und vorsichtig vorzugehen. Es ist gelungen, dass der Golfsport als eine der ersten Sportarten nach dem ersten Lockdown ausgeübt werden konnte und seither nicht mehr „geschlossen“ war. Dazu haben alle Golfclubs und GolfspielerInnen maßgeblich beigetragen. Ein großer Vorteil war sicherlich, dass unser Sport von Natur aus draußen stattfindet und der Mindestabstand auf natürliche Weise eingehalten wird.“

Genug zum Thema Corona, denn auch sportlich hat sich viel getan und der heimische Golfsport hat in den vergangenen zwei Jahren viel Zuspruch erhalten. Welche Entwicklungen konntest du beobachten? 

„Die Zuwachsraten in den letzten beiden Jahren stimmen sehr positiv. Besonders erfreulich ist, dass viele ehemalige Golferinnen und Golfer den Golfsport wieder „entdeckt“ haben und wieder Mitglied in einem der schönen Golfclubs Österreichs sind. Noch erfreulicher ist für mich, dass es im Bereich der U 21 SpielerInnen nach einigen schwierigen Jahren wieder deutliche Zuwächse gab.“

Gerade für aufstrebende Talente war es mit Sicherheit keine einfache Zeit. Wie hat die Arbeit mit den unterschiedlichen ÖGV Kadern in den letzten beiden Jahren funktioniert?

„Die Arbeit war corona-bedingt etwas eingeschränkt und schwierig. Jedenfalls haben wir das beste versucht und die SpielerInnen haben es hervorragend angenommen und bewältigt. Natürlich hätten wir gerne „mehr“ gemacht (Trainingslager, betreute Entsendungen, etc…). Besonders danken möchte ich hier allen Eltern für das Verständnis und besonders möchte ich den jungen Talenten gratulieren, dass sie so eine Situation und Phase ruhig und professionell angenommen haben. Es war und ist sicher nicht einfach.“

Über welche Entwicklungen im Nationalteam hast du dich besonders gefreut? Und wo gibt es vielleicht noch Nachholbedarf (z.B.: Pandemie-bedingt)?

„Ich freue mich über jede Entwicklung jeder und jedes einzelnen Spielers. Hier geht es uns in erster Linie nicht um Ergebnisse, sondern vielmehr um die gesamtheitliche Entwicklung die aus Golf, Fitness, mentalen und sozialen Entwicklungskompetenzen besteht. Nachholbedarf gibt es in vielen Punkten, die wir stetig versuchen weiterzuentwickeln. Sehr erfreut hat mich und sehr hilfreich für diese Entwicklung ist, dass wir aufgrund der guten Arbeit aller ab 2022 mit erhöhten Förderungen seitens der Bundes-Sport-GmbH rechnen können.“

Mit dem Pro-Team wurde ein neues Team geschaffen, dass Jung-Pros den Einstieg in das Profi-Geschäft erleichtern soll. Welche Ziele verfolgt man damit?

„Das Ziel ist immer, dass unseren hoffnungsvollen AtheltInnen den Sprung auf ihre höchste Spielklasse schaffen und finanziell unabhängig sind. Das ist ein brutal harter, steiniger Weg, den wir gerade im Bereich der jungen Playing Pros forcieren und unterstützen wollen und der viele Jahre dauert.“

Auf Pro-Level haben Österreicher Historisches geleistet. Stichwort: Olympia & Ryder Cup. Wie steht Österreich im internationalen Vergleich wirklich da?

„Österreich kann sich glücklich schätzen so viele Ausnahme-Golferinnen und -Golfer zu haben. Bedenkt man die Anzahl der Golfer und Golferinnen, die Anzahl der Spieler die ein WHI von 0 oder besser haben und die Anzahl der Playing Proetten und Pros, die wir haben, sind diese Leistungen umso hervorragender. Zum Beispiel sind unsere Herren in der Weltrangliste besser platziert als jene aus Deutschland, Frankreich, Italien, China oder der Schweiz.“

Auf internationalem Top-Niveau steht Österreich so prominent da, wie noch nie. Mit Matthias Schwab und Sepp Straka spielen zwei Österreicher auf der PGA Tour. Mit Bernd Wiesberger gibt es seit 2021 einen österreichischen Ryder Cup Spieler, der jederzeit für Siege auf der European Tour gut ist und und und… Wohin kann die Reise in Zukunft noch gehen?

„Wie vorhin erwähnt sind diese Erfolge ausgezeichnet. Diese Herren können sicher noch mehr erreichen und dahinter lauern schon hungrige junge, die hier nachrücken können. Mein Traum ist ein „österreichischer Vierer“ beim Ryder Cup 2023 in Rom.“

Bei den Damen gab es zuletzt leider weniger Erfolgsmeldungen. Wie ordnest du die Entwicklung des Damengolfs in den vergangenen beiden Jahren ein und was fehlt derzeit, dass wir wieder über Siege berichten können?

„Auch hier haben wir einfach sehr wenige Spielerinnen, die diesen Berufsweg eingeschlagen haben. Aktuell sind es nur drei Playing Proetten, die solide Leistungen erbringen. Was fehlt, ist sicher die Dichte. Wir brauchen mehr Damen, die den Weg gehen und sich der Herausforderung stellen wollen. Besonders interessant ist die LPGA Tour, auf der Österreicherinnen noch nicht Fuß fassen konnten. Ich hoffe sehr, dass sich in den nächsten Jahren etwas ändern wird, jedoch müssen wir realistisch sein, weil wir in den nächsten Jahren keine signifikanten Zuwächse im Bereich der Playing Proetten erwarten können.“

Zum Abschluss: 2021 wurde mit Alexander Flechl zudem einem Österreicher die Ehre zu Teil als Österreichs Sportler des Jahres ausgezeichnet zu werden. Was können wir alle von Alexander lernen?

„Alexander Flechl ist ein absolutes Vorbild. Ich kenne kaum SpielerInnen, die derart ehrgeizig und mit so viel Freude unseren Sport ausüben. Einen Weltmeister-Titel verdient er sicher fürs Feiern. Das muss man gesehen haben. Generell freut es mich, dass wir die Special Olympic GolferInnen nun voll im ÖGV integrieren und allen eine völlig ebenbürtige Plattform – Turniere, Nationalteam – bieten können. Ich kann nur allen empfehlen bei einem Event der Specials dabei zu sein, weil es unglaublich inspirierend und wertvoll ist.“