Nachwuchs an die Schläger!

Dr. Ernst Bernhard Zwick und Dr. Robert Kocher erklären wie Kinder-Golf zum Kinderspiel wird!

Von Univ. Doz. Dr. Ernst Bernhard Zwick und Dr. Robert Kocher

Die  äußerst schwere und komplexe Sportart Golf soll für Kinder geeignet sein? Ja! meinen die Verbandsärzte Doz. Dr. B. Zwick und Dr. R. Kocher. Es gilt nur auf eine langfristige Ausbildung der jungen Golfer und Golferinnen zu achten. Dann wird Golf zum Kinderspiel!

Golf gilt als eine Spielsportart. Für diese komplexe Spielsportart müssen viele Dinge in der Kindheit erlernt und entwickelt werden. Spielen vermittelt Freude, Kreativität und Spaß. Sport erfordert Schnelligkeit, Kraft und Ausdauer. Kreativität, die rasche Anpassung an neue Situationen, spieltaktisches Verhalten, Kampfgeist und Spielwitz sind im Golfsport genauso gefordert wie Schnellkraft, Beweglichkeit, Ausdauer und Koordination. Damit stellt Golf eine ideale Sportart für Kinder dar! Übrigens sind das einige der Hauptgründe warum Golf eine lebenslange Faszination ausübt und der Sport jung hält.

Warum gibt es trotzdem so wenige Kinder auf unseren Golfplätzen. Das Geld spielt da wahrscheinlich eher eine untergeordnete Rolle (siehe Hello Junior Programm des ÖGV). Nach einer ausführlichen Analyse wird die Sache aber klarer. Es gibt eine Hand voll Gründe, welche die jungen Menschen vom Golfplatz fernhalten. Der wichtigste ist wohl, dass sie zu wenig Spaß haben, wenn man sie zu früh und zu kompliziert in einem technisch sehr anspruchsvollen Sport unterrichtet. Diese frühe Spezialisierung führt nicht nur zur Frustration, sie ist auch ein wesentlicher Grund warum sich einige talentierte Golfspieler ab dem Teenager-Alter nur noch wenig weiterentwickeln oder den Sport sogar verlassen.

Erfahrenen Golf-Lehrern, Sportwissenschaftlern und Medizinerin ist seit langem klar, dass eine gute Grundmotorik sowie eine breit entwickelte Sportmotorik Voraussetzungen für ein langfristig erfolgreiches Golfspielen sind. Einige Ball- und Spielsportarten zeigen es beispielhaft vor, wie man junge Mädchen und Buben für den Sport begeistert und sie auf Dauer beim Sport hält. Für uns ist es fast selbstverständlich, dass Fußballvereine attraktive Angebote für Volksschüler bereithalten. In diesen Sportvereinen wird jedoch nicht nur der jeweilige Sport trainiert, sondern es wird darauf geachtet, dass allgemeine motorische Fähigkeiten und Fertigkeiten erlernt werden. Das Laufen, Hüpfen, Springen und Sprinten, das Werfen und Fangen von Bällen stehen dabei ebenso auf dem Programm wie einfache gymnastische Übungen und Spiele. Kreativität, Disziplin und Freude darf während des Trainings nie zu kurz kommen.

Foto by www.foto-freisinger.at

Die Elterngeneration wird sich dabei fragen, ob das nicht ohnehin selbstverständlich sei. Dem sei erwidert, dass unseren Kindern derzeit viel zu wenig Zeit und Raum gegeben wird, um mit Freude Sport zu betreiben. Die Einflüsse auf Mädchen und Buben sind so vielfältig, dass Fernseher, Computer, Konsolen für Computerspiele und der zunehmende schulische Aufwand die Zeit, die für ein freies Spiel oder ein altersgemäßes Training immer weiter reduziert.

Wenn sich Kinder oder deren Familien dennoch für einen Sport entscheiden, so ist es sehr wichtig, dass das Training altersentsprechend gestaltet ist. Wenn man an den Golfsport denkt, so ist eine frühe Spezialisierung zu vermeiden. Natürlich sollen die Kinder mit dem Sport Golf früh in Kontakt kommen. Sie sollen Grundtechniken (Chippen, Putten, Driven, Schlagen….) erlernen. Auch mit den Regeln und der Etikette sollen sie langsam vertraut werden. Genauso wichtig ist es aber, eine fundierte allgemein-motorische Basis zu schaffen, um den Sport später entweder als Hobbyspieler, als Amateur oder aber als Professional auf hohem Niveau auszuüben. Es muss allen Beteiligten klar sein, dass man sehr lange braucht um Golf auf einem hohen Niveau spielen zu können. Golf ist ein 10-Jahressport. Man braucht mehr als 10 Trainingsjahre um ein guter Golfer zu werden. Selbst Tiger Woods hat von seinen ersten Schwung-Versuchen bis zum ersten Turniergewinn als Profisportler 17 Jahre trainiert. Es hilft also wenig tausende von Bällen zu schlagen und zu hoffen, dass man so einen neuen Sport-Superstar hervorbringen kann. Es sei hier erwähnt, dass Tiger Woods ist ein ausgezeichneter Leichtathlet und Tischtennisspieler ist.

Die frühe Spezialisierung birgt also eine Menge Gefahren für die jungen Sportler und Sportlerinnen. Fehlender Spaß führt zu Frustration und damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass der Sport verlassen wird. Wenn das Training nicht der körperlichen und geistigen Entwicklung der Mädchen und Buben angepasst wird, so verliert der Sport an Attraktivität und die jungen Sportler suchen sich Sportarten, die mehr Freude bereiten.

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Nachfolgend einige wissenschaftlich fundierte Aspekte zum Thema allgemeine Athletik und Golf

Wer in jungen Jahren nicht gelernt hat zu werfen, wird später nicht besonders gut pitchen können. Die Raumwahrnehmung, das Distanzgefühl und die Hand-Augen-Koordination sind Aspekte, die in der Kindheit erlernt werden müssen.

Wer in jungen Jahren nicht gelernt hat zu balancieren, wird später am Golfplatz in Schräglagen Schwierigkeiten haben den Ball zu kontrollieren. Up-and-downs werden selten sein.

Wer in jungen Jahren nicht gelernt hat hohe Bewegungsgeschwindigkeiten zu erzielen, kann später kaum hohe Schlaggeschwindigkeiten und damit große Schlagweiten erreichen. Vor allem die Geschwindigkeit bei Rotationsbewegungen muss bis ins mittlere Teenager-Alter entwickelt werden.

Wer in jungen Jahren nicht gelernt hat seinen Oberkörper vom Unterkörper getrennt kontrolliert zu bewegen (Separation), wird später beim Golfsport Probleme haben wiederholbar gute Ball-Kontakte zu schaffen.

Wer in jungen Jahren die Raumwahrnehmung zu wenig geschult hat, wird später Probleme beim Lesen des Grüns und beim Festlegen der Puttlinie haben.

Diese Liste ließe sich endlos fortsetzten…

Dabei wäre die Lösung für den Kinder- und Jugend-Golfsport relativ einfach!

Kinder- und Jugendgolfschulen müssten danach trachten ihrem Nachwuchs schon sehr früh attraktive Angebote zu stellen. Dabei hat es nicht unbedingt zielführend einzelne Stunden anzubieten, in denen ausschließlich Golf auf der Range trainiert wird. Vielmehr sollten die Angebote so gestaltet sein, dass während des gesamten Schuljahres das ganzheitliche Golftraining ein fixer Bestandteil der Wochenplanung ist. Demzufolge müssen Golf-Schulen während ihrer Trainingseinheit alle Aspekte der Athletik trainieren, die ein guter Golfspieler braucht. Fußball, Klettern. Werfen, kreative Spiele, Laufen, Springen und vieles mehr sind genauso Trainingsinhalte wie das Schlagen von Bällen auf der Range sowie das kurze Spiel und das Putten. Dabei ist es durchaus vorstellbar und notwendig mit anderen Sportvereinen in Konkurrenz treten, und sich den zeitlichen und finanziellen Möglichkeiten der Familien anzupassen.

Man könnte von einem visionären Ansatz sprechen, wenn man sich vorstellt, dass auf Golfplätzen Areale geschaffen werden, die einem modernen Kinderspielplatz oder Kindersportplatz gleichen. Aus diesen Kinderspielplätzen heraus würden sich junge Golfsportlerinnen und Golfsportler entwickeln, die Spaß am Sport haben und in Turnieren erfolgreich sind.

Unser Tipp für die Eltern: Ermöglichen sie ihren Kinder einen möglichst frühen spaß vollen Zugang zum Golfsport und legen sie größten Wert auf eine allgemeine sportliche Grundausbildung.

Univ. Doz. Dr. Ernst Bernhard Zwick und Dr. Robert Kocher sind Verbandsärzte des österreichischen Golfverbands. Durch ihre Mitarbeit in zahlreichen internationalen Organisationen tragen sie dazu bei den Golfsport auf nationaler und internationaler Ebene kinder- und jugendgerecht weiter zu entwickeln.