Bild: Scott Olson/Getty Images. Nik Wallenda balanciert am 2. November 2014 über ein 3/4 Inch dickes Seil vom Westturm der Marina City zur Spitze des 671 Fuß hohen Leo Burnett Buildings in Chicago, Illinois. Der Spaziergang, der 454 Fuß lang dauerte, ist der längste und steilste Skyscraper-Walk in der Geschichte der fliegenden Wallenda Familie.
Angst ist ein schlechter Ratgeber
Wie viel riskieren in der Wirtschaft? Wie viel riskieren am Golfplatz? Wie viel riskieren im Leben? Diese Fragen sind enger miteinander verbunden, als Sie jetzt denken. Wenn Sie Dinge erreichen wollen, die der Verstand am Anfang eigentlich gar nicht fassen kann, dann ist es notwendig, über die Rahmenbedingungen hinauszugehen. Sie müssen neue Wege beschreiten. Wenn Sie immer nur auf den vorgegebenen Trampelpfaden bleiben, die vor Ihnen schon tausende andere beschritten haben, dann werden Sie keine Fortschritte machen. Nur wer ein Risiko eingeht, der wird sich auch weiterentwickeln können.
Ich bin in meinem Leben immer Risiko eingegangen – mit allen Konsequenzen. Die Geburt der „World Sports Awards“ rund um die Jahrtausendwende hätten beinahe meinen wirtschaftlichen Ruin bedeutet. Mein Team und ich, wir waren so davon überzeugt, dass das ganze klappt, und haben leider einen viel zu hohen Mittel-Einsatz dafür verwendet. Was dann folgte, habe ich auch in meinem Buch „Flat-line“ beschrieben. Ich war am Boden, hatte Burn-out und musste mich wieder neu finden. Aber das ist so: Schwierige Zeiten gehören zum Leben dazu. Sie sind die Kehrseite der Medaille. Du musst Erfolg und Misserfolg gleichermaßen ertragen. In dieser schweren Zeit wurde ich gezwungen, mich mit meinem Leben auseinanderzusetzen. Es war schwierig, aber letztlich auch der Steigbügelhalter für ein erfolgreiches, glückliches Leben.
Auch am Golfplatz müssen Sie riskieren, um sich weiterzuentwickeln. Wenn Sie 180 Meter bis zum Grün haben, und davor ist Wasser, dann haben sie zwei Möglichkeiten. Entweder mit einem kurzen Eisen vorlegen oder versuchen, mit dem Fairway-Holz das Grün zu treffen. Wenn Ihnen der Score wichtig ist, dann lassen Sie das Holz im Bag stecken. Aber wenn Sie sich verbessern wollen, dann bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als den Schlag auszuprobieren. Aber wenn Sie sich nur auf die möglichen Folgen (Wasserschlag!) konzentrieren, dann wird’s auch nix werden. Ihre Gedanken müssen Sie auf einen technisch perfekten Schlag lenken. Dann wird er eher gelingen, als wenn Sie ans Wasser denken. Und das vereint Wirtschaft und Golf: Treffen Sie keine Entscheidungen aus Angst. Beim Golf ist die Konsequenz vielleicht „nur“ ein Schlag mehr, in der Wirtschaft kann so eine Entscheidung aber den Bankrott bedeuten.
Hubert Neuper, Jahrgang 1960, ist einer der erfolgreichsten Skispringer Österreichs. Heute ist er als Eventmanager u.a. am Kulm tätig, betreibt eine Skischule in Bad Mitterndorf und hält Vorträge und Seminare.
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