St. Andrews, Schottland, UK

Old Spirit meets Young Style

Von Katrin Zita

St. Andrews gilt als die Wiege des Golfsports, hat aber wesentlich mehr zu bieten als den mythenumrankten Old Course. Wir haben uns umgesehen und neben Golf-Tradition auch ganz viel Moderne entdeckt.

Lange ist es her, dass ich in Europa aus Schengen-Land ausgereist bin. Ein ungewohntes Procedere, so eine Reise in ein Nicht-Schengen-Land. Nach kurzem In-der-Schlange-Stehen ist man draußen. Und drin in Edinburgh, der sehenswerten Hauptstadt Schottlands. Doch 90 Minuten später schlägt mein Herz dann so richtig schnell: Wir fahren in St. Andrews ein, der Wiege des Golfsports und dem Mekka für zahlreiche passionierte Golfer aus aller Welt.

Was macht dieses St. Andrews und sein umliegendes fantastisch grünes Schottland so interessant? Es ist einfach alles „anders“ hier. Sei es der Linksverkehr, der einen am Steuer und auch gedanklich auf neue Bahnen lenkt. Oder das Essen, denn dieses ist bemerkenswert anders, weil auch noch gehaltvoller als bei uns, was Fette und Kohlenhydrate betrifft. Zum Breakfast gibt’s gleich einmal ein herrliches Porridge, in allen Varianten. Ob süß, ob g’schmackig – der Schotte hat’s gern deftig. Das zeigt sich auch bei der Blutwurst am Frühstücksbuffet und den nicht zu knapp panierten „Fish & Chips“ zu Mittag. Und wer am Abend immer noch nicht auf eine satt machende und -erfüllende Kalorienanzahl gekommen ist, der kann dies beim Dinner und dem heißen Schokoladekuchen zum Dessert wettmachen. Dazu gibt’s nämlich noch Marshmallows zum Drüberstreuen.

Wie immer beim Prinzip von Ursache und Wirkung fördert dies alles eines: Die Schotten sind gewichtig, pauschal gesehen. Nicht alle, aber viele bringen locker an die 200 Pfund auf die Waage (gut 90 Kilogramm, Umrechnungsfaktor in kg = 0,454). Und jetzt kommt die beste Nachricht für alle Diät-Frustrierten: Hier in St. Andrews geschieht dies in einer Art und Weise, die sexy ist! Mit Selbstbewusstsein, chic gekleidet, mit guten Accessoires geschmückt und einem strahlenden Lächeln auf den Lippen. Da kann das schmale britische Model Kate Moss noch so viel für die -englische Kultmarke „Top-Shop“ werben: Dick ist hier chic!

Where Kate met Wills for coffee

Sagte ich „Dick ist hier chic?“ Oh, sorry – ich korrigiere. Dies gilt nicht für alle! Kate, dieses nunmehrige royale zarte Feen-Wesen, hat Kultstatus in England und natürlich auch in Schottland. In St. Andrews, im dortigen Café „North Point“, trafen Kate und William während ihrer Studienzeit erstmals aufeinander. Seither hofft der halbe Ort mitsamt seinen heranströmenden Touristen, dass sich dieses Märchen à la „Prinz trifft seine zukünftige Prinzessin“ wiederholen möge. Die Plätze sind daher rar in dem Café, denn weltweit senden reiche Upper-Class-Familien ihre -Nachkommen in den traditionsbewussten Küstenort.

Und genau diese Studenten und vor allem Studentinnen sind es, die die Modetrends von heute tragen oder die von morgen setzen. Wie gesagt, die jungen Mädels wandeln hier gerne auf Kates Spuren und leben für die Vorstellung von diesem einen großen Moment.

Wer’s geerdeter – oder Erde mit einem satten Grün versehen – mag, dem sei auch für die Freizeitgestaltung nach dem eigenen Spiel die Kulthistorie dieses Ortes ans Herz gelegt: Golf, Golf und nochmals Golf. Golf in St. Andrews ist das, was der Walzer in Wien ist. St. Andrews ist die Wiege des Golf, das Mekka der „Spielsüchtigen vom Green“ und die Travel-Destination, die jedem Player das Herz höher schlagen und andere Flightpartner vor Neid erblassen lässt. Im Gepäck waren bei meiner Rückreise deshalb „Old Course“-Souvenirs für die Lieben daheim. Eines war damit sicher: Ich habe gepunktet, wenn auch abseits der Courses und Scores.

Was viele nicht wissen: St. Andrews ist neben dem Golf-Mekka vor allem eine Studentenstadt, was dieses ungemein locker-leichte Flair erklärt. Jedes zweite Haus ist inhaltlich der Uni zugetan, seien es Institute oder schöne Bibliotheken mit Blick aufs Meer. Viele Studenten -schnuppern neben dem Studium auch erstmals in den Golfsport hinein. Die Clubs bieten deshalb interessante Angebote für all diese Rabbits. Und natürlich auch für andere Golfreisende, die sich noch im Beginner-Status fühlen, gilt hier: Anfänger sind in St. Andrews herzlich willkommen! Zwar heißt es am Old Course weiterhin „Noblesse oblige“ und das Handicap muss der altehrwürdigen Anlage gerecht werden, aber auf all den umliegenden und ebenfalls bestechend interessanten Golfkursen gibt es keine Barrieren, sondern gut instruierte Golf-Lessons und ein -herzliches Willkommen für alle Starter. Und was würde all die folgenden Jahre denn besser klingen als „Meine erste Runde war ich in St. Andrews …“

Während meines Aufenthalts logierte ich in einem der edlen Zimmer des Fairmont-Hotels, mit Meerblick und dem Genießen des gediegenen schottischen Ambientes. Das Fairmont liegt zwar nicht wie das „Old Course Hotel“ direkt am St. Andrews Links Old Course, wartet aber ebenfalls mit zwei herausfordernden 18-Loch-Anlagen entlang der Küste auf. Die Zimmer-Arrangements in diesem Haus sind immer wieder mit guten Golfangeboten preislich interessant geschnürt und der Wohlfühlfaktor inklusive Spa lässt viele zu Wiederkehrern werden. Raum dafür ist in -dieser Lage am Meer und an der romantisch-zerklüfteten schottischen Küste genug. Die 209 Zimmer des Fairmont-Hotels garantieren, dass fast immer eine Unterkunft zu bekommen ist.

Außer es schnappt sich eine Firma für diverse Produktpräsentation gleich das ganze Haus. So geschehen beim Showdown für das Kultgetränk in Schottland. Das „Irn-Bru“ ist ein Softdrink, der’s in sich hat. Zuckersüß, gleich einem flüssigen Kaugummi, rinnt dieses Getränk, das in Schottland Coca-Cola (!) den Rang Nr. 1 bei den Verkaufszahlen abgenommen hat, die Kehle hinunter. Koffein inklusive. Naja, einmal probiert, fällt es leicht, die Finger zukünftig davon zu lassen – und das Verständnis, wie die Schotten es schaffen, ihr Gewicht in die (Waag-)Schale zu werfen, wächst.

Was diese ja mit einem völlig anderen Selbstbild wahrnehmen – und vor allem mit viel Humor hinnehmen. Das ist absolut liebenswert an ihnen: Sie haben diesen trockenen, leichten und intellektuellen Sinn für Humor. Somit kann kein Wolkenbruch, kein Regentag (ich hatte übrigens während meines gesamten Aufenthaltes kontinuierlich Sonnenschein!) und auch keine raue See die gute Laune eines Schotten vertreiben. Und sollte doch einmal ein Wölkchen die Stimmung trüben, dann wird zum Hausrezept gegriffen: einem guten schottischen Whisky.

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St. Andrews die Wiege des Golfsports 

St. Andrews feierte bereits sein großes Jubiläum. Seit über 150 Jahren besticht der Golfkurs am Meer. Eingelocht wurde auf dem Platz aber schon weitaus früher. Einige Historiker vermuten, dass man bereits im 12. Jahrhundert an den West Sands, einer Dünenlandschaft nahe dem Ort, Golf spielte.

Die Geburtsstunde eines der ältesten noch bestehenden Sportereignisse weltweit ist der 17. Oktober 1860. Damals trafen einander acht Golfprofis, um ihren Champion auszuspielen. Nur das 1829 erstmals ausgetragene Ruderrennen Cambridge gegen Oxford gibt es noch länger als „The Open“. Irgendwo im Dunkeln der Geschichte verlieren sich die Anfänge des Platzes, auf dem schon im 12. Jahrhundert Schäfer mit Stöcken Steine in Kaninchenlöcher geschlagen haben sollen. Ab 1552 war den Dorfbewohnern erlaubt, auf den Wiesen und Dünen entlang der Nordsee Golf zu spielen. Das Urwüchsige hat der Platz behalten. Ein sogenannter Links-Kurs, keine Bäume, aber viele Sträucher, welliges Dünen-Gelände und gigantische Grüns.

Bemerkenswert ist auch, dass niemand Geringerer als die schottische Königin Maria Stuart Golf spielte. Es heißt, dass sie bereits kurz nach dem Mord an ihrem Ehemann Lord Darnley wieder zum Schläger gegriffen habe. Ihr wurde dies oft als Gefühlskälte ausgelegt. Nachdem 1603 die schottischen Stuarts den englischen Thron beanspruchten und James I. ein leidenschaftlicher Golfer war, trat der Sport seinen Siegeszug nun in ganz Großbritannien an.

„Jeder Spieler wünscht sich, einmal das Open Championship in St. Andrews zu gewinnen“, sagt beispielsweise Ausnahmegolfer Tiger Woods, der 2000 mit acht Schlägen Vorsprung auf den Zweitplazierten gewann: „Hier hat alles angefangen, und hier zu siegen ist wegen der ganzen Geschichte besonders speziell.“ Der Amerikaner hat sich diesen Traum auf dem Old Course bereits zweimal (2000 und 2005) erfüllt.

In St. Andrews, dieser malerischen „Wiege des Golfsports“, wurden auch erstmals vom 1754 gegründeten Royal & Ancient Golf Club of St. Andrews (R & A) verbindliche Regeln verfasst. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die ersten schriftlich niedergelegten Regeln aus dem Jahr 1744 von den Gentlemen Golfers of Leith stammen. Im Jahr 1873 wurden erstmals in St. Andrews die British Open gespielt (davor wurde das Turnier seit 1860 auf dem 12-Loch-Platz in Prestwick ausgetragen). Tom Kidd aus Schottland gewann damals und strich eine Siegprämie von sechs Pfund ein. Seitdem ist vieles aus Gründen der Tradition gleich geblieben. Und einiges hat sich gewichtig verändert: Der Sieger des letzten Open Championship in St. Andrews erhielt 2010 immerhin rund 1 Million Euro.

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Where to stay, play, eat & meet

STAY: 

Tradition pur heißt es im Old Course Hotel oldcoursehotel.kohler.com 

Sehr empfehlenswert: Angenehmes Ambi-ente, gute Küche und tolle Angebote gibt es im Fairmont Hotel. Die Zimmerpreise -starten bereits bei 159 Pfund, die Küche ist exzellent und das nur zwei Minuten -entfernte Clubhaus der hauseigenen 2 x 18-Loch-Anlage kredenzt delikate, -internationale Gerichte.

fairmont.de/st-andrews-scotland

PLAY:

Wer sich einen Old Course-Gusto holen will: einfach reinblicken auf standrews.org.uk

Fairmont st. andrews hat ebenfalls zwei außergewöhnliche Golfplätze zu bieten, die beide Schottlands wilder Küstenlinie folgen: Der neue Kittocks (der ehemalige Devlin) und der Torrance. Anfänger, Fortgeschrittene sowie Profis sind hier bei den versierten Instruktoren gut aufgehoben. fairmont.de/st-andrews-scotland

Golf-Shops:

Nicht nur ein einzelner, ALLE Shops in St. -Andrews bieten sensationell gute Ange-bote, interessante Modelle und diverse Aktionen. Unbedingt eine Runde durch den ganzen Ort gehen, sich einen -guten -Überblick verschaffen und erst dann bei den jeweiligen Schnäppchen zuschlagen.

EAT & MEET: 

„Where Kate met Wills for coffee“. Eigentlich müsste das North Point CafÉ unter diesem Namen laufen. Legendär, gemütlich, mitten im Ort – und eines der wenigen -Lokale weltweit, denen eine eigene Website kein Anliegen zu sein scheint:

24 North Street, St. Andrews KY16 9AQ,Schottland, +44 1334 473997

Ausgezeichnet, hochgelobt und mit Preisen überhäuft: Die besten „Fish & Chips“ und Meeresfrüchte gibt es ganz in der Nähe von St. Andrews. Unbedingt in der Anstruther Fish Bar vorbeischauen! Viele Speisen sind zum Beispiel auch in einer glutenfreien Variante erhältlich. anstrutherfishbar.co.uk

 

Katrin Zita lebt und arbeitet als Coach in Wien und Berlin. Vor kurzem erschien ihr Buch: „Die Kunst,
allein zu reisen und bei sich selbst anzukommen“.

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