Mi, 9. November 2016
Sarah Schober und ihr Weg auf die Ladies European Tour 2017
“It’s what you do in the dark that puts you in the light ...”
Sarah Schober gewinnt die Order of Merit der Access Tour 2016 und erhält die Tourkarte für die Ladies European Tour 2017. Schober legte in ihrem Debütjahr als Profigolferin schlichtweg eine Traumsaison aufs Parkett. Auf dem Weg zu ihrer Tourkarte stürmt die 24-jährige Steirerin regelrecht durch Europas zweite Liga im Damen Profigolf.
Der hart erkämpfte Erfolg 2016
Da sich der von Sarah erzeugte Wirbelsturm am Ende der Saison nun langsam wieder legt, erhält man einen klaren Blick auf unglaubliche Fakten:
- Fünfzehn Starts auf der Access Tour 2016
- Neun Top 10 Ergebnisse
- Fünf Mal, d.h. bei einem DRITTEL aller Turniere, Rang zwei belegt
Noch nie zuvor hat eine österreichische Golferin die Order of Merit der zweithöchsten Profiliga gewinnen können und dies sogar in ihrer ersten Saison als Profi – ein filmreiches Debüt sozusagen. Da besonders im Golfsport viel Erfahrung notwendig ist, ist die Leistung der ehemaligen Nationalteamspielerin noch höher einzuschätzen. Ein gesamtes Jahr hinweg konstant Leistung zu zeigen, zeugt von besonders hoher Qualität.
Ein gewisser Henrik Stenson war zum Start seiner schillernden Karriere ebenfalls Order of Merit Sieger der zweithöchsten europäischen Profiliga! Auch Österreichs beste männliche Golfer der Geschichte, Bernd Wiesberger, Markus Brier und Martin Wiegele, erspielten sich ihre Tourkarte über diesen Weg. Diese Art von Weg an die Spitze, den auch Sarah Schober heuer erfolgreich beschritt, darf Sarah also Mut auf mehr machen!
Wer ist Sarah Schober?
Sarah Schober ist 24 Jahre alt, geboren, aufgewachsen und wohnhaft in der Steiermark, nahe Leibnitz. Ihr Heimatclub war und ist immer noch der Leading Golf Course GC Gut Murstätten. Sarah wurde nicht erst dort großes Golf-Potential bescheinigt, durch ihre Qualität und ihre Leistungen durchlief sie alle regionalen und nationalen Golf-Kader von Österreich. Es zeichnete sich schon früh eine „klassische“ Entwicklung ab. Nationalspielerin und dann der – unter sehr gut spielenden Amateur-Golfern sehr häufig gewählte – Schritt über den großen Teich: College und Studium in den USA!
Die College-Zeit verlief sportlich sehr erfolgreich
Den NJCAA Titel konnte Sarah sogar zwei Jahre in Folge gewinnen, so bezeichnen die Amerikaner die Einzelsiegerin aller Collegegolferinnen der USA. Durch diese Siege wurden elitäre Universitäten in den Vereinigten Staaten auf Sarah aufmerksam. Das Rennen machte allerdings die University of Florida, Heimat der „Florida Gators“. Sarah erhielt ein Stipendium an dieser ausgezeichneten Universität inklusive maximaler Sport- und – in Sarah’s Fall – Golf-Förderung.
Man könnte nun an dieser Stelle des Artikels denken, dass nun klar sei, weshalb Sarah wenige Jahre nach ihrem Wechsel nach Florida die europäische Liga der Profidamen aufmischt. Paart man die hervorragenden Qualitäten einer Spielerin mit den Möglichkeiten einer amerikanischen Top-Universität, dann kann das nur eine Folge haben:
Voilà, die totale Spitzenspielern ist geformt!
Die Rückkehr in die grüne Heimat
Zu den „Florida Gators“ kam Sarah im Herbst 2013 und kehrte bereits im Juni 2014 nach Österreich zurück. Von Juli 2014 bis Ende September 2014 durfte Sarah auf ärztliche Anweisung keinen einzigen Golfball schlagen und bis Anfang November 2014 waren nur Bälle bis maximal fünfzig Meter Distanz erlaubt.
Mehrere Verletzungen plagten Sarah in dieser Phase. Augenscheinlich legte man in Amerika den Fokus auf Quantität anstatt auf Qualität. Dies und die fehlende individuelle Betreuung waren schließlich ausschlaggeben dafür, weshalb die junge Sportlerin auf eigenen Wunsch die Universität verlies.
Menschlichkeit und individuelle Betreuung standen nach der Rückkehr aus den USA ab sofort wieder an der Tagesordnung.
Ihr Arzt, Fitnesstrainer und Physiotherapeut arbeiteten eng miteinander, um Sarah bei der Genesung zu unterstützen. Ihr Golftraining ist seit damals bis zum heutigen Tage im Detail auf ihren Gesundheitszustand abgestimmt.
Sarah sagte mir unlängst, dass sie sich zu hundert Prozent mit der Schifahrerin Anna Veith identifizieren kann. Veith brachte dieser Tage ein Buch auf den Markt, das Veith‘s einjährige Verletzungspause vom Schisport behandelt. Sarah mochte einen Satz aus Veith’s Buch besonders: „Ich will nie wieder die sein, die am meisten trainiert, sondern die, die am besten auf ihren Körper hört!“ Sarah weiß wovon sie spricht und der Erfolg gibt ihr Recht.
Erstmals in diesem Artikel soll auch eine Verbindung zur Überschrift „It’s what you do in the dark, that puts you in the light…” hergestellt werden. In den knapp vierundzwanzig Monaten zwischen dem erzwungenen Time Out und Sarah Schober’s Triumph auf der Access Tour, trainierte Sarah fast im Verborgenen. Flog weit unter dem Radar großer Erfolge oder Beobachtung.
Sie spielte einen relativ kleinen Turnierkalender, um den Körper langsam wieder aufzubauen. Sie trainierte nicht mehr am Golfplatz der „Gators“ in Florida und flog nicht mit dem eigenen Uni-Jet von Turnier zu Turnier in den Staaten. Sie trainierte zuhause im GC Gut Murstätten und wohnte in ihrer Heimatgemeinde in Leibnitz. Es gab kein großes Budget, aber ausreichend, um Sarah besser und besser werden zu lassen.
Ihr Team stellte sie von amerikanisch auf 100 % steirisch um. Sämtliche Mitglieder des TEAMSARAH sind Steirer, arbeiten und leben in der Steiermark. Golftrainer, Fitnesstrainer, Arzt, Physiotherapeut und Mentaltrainer.
Die Message über den Erfolg
Sarah’s Erfolgsgeschichte kann auch anderen Mut machen – vor allem vielen Nachwuchsgolferinnen und Nachwuchsgolfern in Österreich. „Ja es ist möglich von der Heimat aus agierend, europaweiten Erfolg zu haben. Ja, es ist möglich mit einem Team aus regionalen Profis alle anderen SpielerInnen und Teams in Europa hinter sich zu lassen.“
Und noch eine sehr wichtige Message ertönt aus Sarah’s Erfolgsgeschichte:
„Die Wichtigkeit der familiären Zusammengehörigkeit!“
Nicht genug dass Sarah’s Eltern ihre Tochter im wechselnden Beisein bei allen 15 Profiturnieren in der Saison 2016 begleitet haben, es wurde ausschließlich in Appartements gewohnt und selbst gekocht. Sarah’s Vater erzählte mir, dass er seine Frau im August dieses Jahres einen ganzen Monat nicht gesehen hatte. Er könne sich gar nicht mehr erinnern, ob das seit ihrer Hochzeit je der Fall gewesen sei. Auch die Geburtstage verbrachten sie getrennt voneinander, um ihre Tochter bestmöglich bei ihren Golfturnieren zu betreuen. Die Unterstützung, die Hilfe und die Förderung von Sarah’s Eltern für ihre sportlichen Erfolge reichen noch tiefer, hinein in ein anderes, entscheidendes Detail der Sportperformance.
Sarah spielt das „moderne Damengolf der Zukunft“.
Diese Behauptung ist nicht übertrieben, sondern leicht nachvollziehbar. Sarah schlägt den Ball 25 bis 40 Meter weiter als die meisten ihrer Konkurrentinnen. Damit nicht genug, verfügt Sarah im Short Game und bei ihren Eisen-Approaches über einen unglaublichen Touch, den man in Verbindung mit dieser spielerischen Leichtigkeit selten sieht. Durch diesen Touch und der Einfachheit der Schwungbewegung entsteht am Ende sehr viel Kontrolle. Sehr starke Länge, gepaart mit Kontrolle – klingt nach einer unschlagbaren Kombination. Sarah’s Schlagpotential, wie z.B. ihre enormen Schlaglängen oder ihren Touch à la Seve Ballesteros rund um die Grüns, wurde ihr jedoch nie von einem Trainer gelehrt.
Die biomechanische Programmierung dieser Dinge entsteht bewiesenermaßen in der frühen Kindheit und total unterbewusst.
Sarah hatte die Chance, völlig spielerisch und kindlich zu lernen, wie man mit einem Ball umgeht. In sehr frühen Kindertagen spielten ihr Vater und ihr größerer Bruder Stefan mit Sarah „jegliche Form von Ball und Laufspielen“.
Dabei waren unterschiedlichste Bälle im Einsatz, die Spiele selbst häufig frei erfunden. Es gab lustige und auch herausfordernde Ziele, wie z.B. den Kirschbaum im Garten. Oder den großen, schönen Strauch, der gefährlich nah am verglasten Wintergarten positioniert war. Sarah war bereits als Kind solch eine exzellente Werferin, dass sie ihre Ziele im Garten stets akkurat traf und dabei die Fensterscheiben verschonte. Es brauchte Jahre der Forschung, um herauszufinden, dass eben solche Erlebnisse und Aktivitäten geniale SportlerInnen gedeihen lassen.
Dieser Geist aus der Kindheit wurde nach Sarah‘s Rückkehr aus den USA wieder zum Leben erweckt.
Durch, wie man sich vorstellen kann, eher unorthodoxes Training. Das Wort „unorthodox“ ist an dieser Stelle ein seriöser Ausdruck für viele gemeinsame Trainingseinheiten. Nie um Sarah etwas Neues beizubringen, denn das wäre weder möglich noch notwendig gewesen. Die Trainings hatten ausschließlich das Ziel den alten Geist, die bereits abgespeicherten Bewegungsmuster aus dem Garten, wieder ans Tageslicht zu führen. Ökonomie in der Bewegung, aber auch die zurück gewonnene Körperwahrnehmung und die Effizienz im Denken. Große Errungenschaften für einen so jungen Kopf einer 24-jährigen Frau.
Dies alles führte dazu, dass Sarah den seltenen Luxus besitzt, seit gut einem Jahr ohne jeglichen Schwunggedanken Golf zu spielen. Ein unglaublicher Vorteil in der heutigen Profigolf Welt mit der häufigen „Über-Analyse“.
Jede Krise ist zugleich auch eine Chance.
Was Sie sich jetzt beim Lesen dieser Zeilen womöglich denken, stimmt. Die „Krise“ hat dazu geführt, dass sich Sarah effizientere und effektivere Wege überlegt hat, um erfolgreich Golf zu spielen. Sie hat sich im inneren Kreis ihres Teams einen Masterplan zurechtgelegt. Es wurde ein Maßanzug für Sarah geschneidert, der nur ihr passt und sonst niemandem. Dieser Maßanzug wird auch kontinuierlich reflektiert und adaptiert. Nicht nur von Sarah‘s Team, sondern auch von Sarah selbst – von der Chefin des Teams höchstpersönlich.
Die Chinesen haben für „Chance“ und „Krise“ bekanntermaßen sogar das gleiche Wort. Sarah hat diesem Sprichwort perfekt entsprochen. Da hat ihr die Minikrise zum Saisonstart 2016 nur mehr ein mildes Lächeln gekostet: Ihre goldene Nummer-Eins-Saison begann mit einem geteilten 49. Rang in Frankreich. Gefolgt von absurd lustigen Turnierwochen wie z.B. Anfang Mai in der Schweiz. Zwei Tage vor Turnierbeginn lag so viel Schnee auf den Schweizer Grüns und Fairways, dass die Tour zum „Wer baut den schönsten Schneemann?“-Wettbewerb aufrief. Sarah gab auch bei diesem Wettbewerb ihr bestes und zauberte einen hübschen Schneemann in die Landschaft.
Nach der Schweiz stand Spanien am Turnierkalender. Bei Spanien denkt man an herrliches Wetter und viele schöne Golfplätze, vor allem Mitte Mai! Nicht so in diesem Jahr. Als die Spielerinnen aus der eiskalten Schweiz anreisten, stand der Golfplatz in Spanien so unter Wasser, dass der Platz auf Par68 beschnitten wurde und teilweise gesamte Löcher nur zur Hälfte gespielt wurden. Bei diesen Anforderungen verlor sogar kurzfristig die krisenerprobte Sarah Schober den Faden und belegte den 109. Platz im Endergebnis.
Aber von da an: „She never looked back.“, würden ihre amerikanischen Freunde aus College-Zeiten sagen.
Knapp drei Monate nach dem Wasserfallturnier in Spanien, mit Ende August, übernahm Sarah das erste Mal die Führung der Order Of Merit der Access Tour. Sie gab diese Führung in der Rangliste bis zum Ende der Saison nie mehr ab. Sarah baute ihren Vorsprung auf die zweitplatzierte Spielerin sogar stetig aus.
Ich fasse etwas theatralisch zusammen:
- Unzähliges Ballwerfen als Kind im Garten
- Kirschbäume abschießen
- Fensterscheiben verschonen
- Mit Papa und Bruder immer und immer wieder Ballspielen
- Drei Monate verletzungsbedingte Golfpause mit Anfang zwanzig
- Ein knappes halbes Jahr plötzlich nur mehr Schläge unter fünfzig Meter spielen dürfen
- Ein gesamtes Jahr wohnen und reisen mit den Eltern
- Unzählige Gespräche sowie Stunden der Zusammenarbeit und des Trainings mit dem Team
- Golf-Training bei Minusgraden im Winter
- Sich stundenlang und unentgeltlich aufs herzlichste mit Kindern beim alljährlichen Schulgolftag beschäftigen
- Schneemänner bauen in der Schweiz
- Von Wassermengen weggespült in Spanien
- Vom 109. Platz auf den Ersten
„It’s what you do in the dark, that puts you in the light…”
Jetzt ist Sarah Schober im Licht angekommen, auf einer Bühne, auf der sie zeigen kann wie sie wirklich Golf spielt! Sarah hat große Ziele vor Augen, und das zu Recht. Sie will als erste Österreicherin um Major Siege kämpfen, in die Top 10 der Weltrangliste vorstoßen und für Team Europa im Solheim Cup antreten.
Ich, seit knapp drei Jahren Sarah‘s Trainer, bin voll davon überzeugt, dass sich alle genannten Ziele verwirklichen. Ja, das sage ich einerseits einfach so aus dem Bauch heraus. Andererseits sprechen einfach zu viele objektive Tatsachen dafür. Welche weiteren Tatsachen das im Detail sind? Das wird TEAMSARAH nicht ausplaudern, denn das Team will immer einen Wettbewerbsvorteil besitzen.
Nachdem ich von Sarah und Sarah’s Eltern gebeten wurde den Erfolg von 2016 etwas in Worte zu kleiden bzw. diesen Artikel zu schreiben, habe ich am Ende zugestimmt. Für mich persönlich in Wahrheit zu viel der Ehre für einen Trainer. Der Applaus und die Bühne gehört der Athletin Sarah Schober. Punkt. … Beisatz: Und ihren Eltern.
Ja, auch ihrem gesamten Team. Aber das ist schlussendlich auch unser Beruf und daher anders und weitaus unspektakulärer zu bewerten als die Leistung von Sarah und ihrer Familie.
Aber, nachdem ich hier bereits schreiben durfte und einen von Sarah’s Lieblingssätzen aus 2016 immer wieder zitiert habe, den Satz mit der Dunkelheit und dem Licht … So nehme ich mir heraus einen berühmten spanischen Fußballtrainer zu zitieren. Nicht mal ansatzweise, um mich mit ihm zu vergleichen. Vielmehr deshalb, weil ich bei diesem Zitat das exakt gleiche fühle, wenn ich über Sarah’s möglichen sportlichen Weg in der Zukunft nachdenke. Der Fußballtrainer sagte damals auf seiner allerersten Pressekonferenz, beim Amtsantritt für seinen neuen Arbeitgeber:
„Fasten your seatbelts, because we are going to have fun.”
Auf diesen Satz folgten vierzehn Titel in drei Jahren.
Sarah, ich gratuliere dir zu deinem außergewöhnlichen Jahr 2016 und: ich habe meinen Gurt bereits angeschnallt!
Sarah Schober
Telefon: +43 664 4553812
Email: sarah@schobergolf.at
Website: www.schobergolf.at
TEAMSARAH
Trainer: Oliver Hertl
Fitnesstrainer: Mag. Daniel Huber
Physiotherapeuten: Dietmar Melmer und Tobias Schmied, B.Sc
Mentaltrainer: Mag. Michael Achorner
Ärzte: Univ. Doz. Dr. Bernhard Zwick und Dr. Thomas Kappaun
Über den Autor
Name: Oliver Hertl
Beruf: Golfprofessional, Golfschulleiter im Leading Golf Course GC Gut Murstätten
Ausbildungen/Titel: Offizieller Analytiker des österreichischen Golfverbands für Biomechanik und 3D-Messungen, TPI-Fitness Professional, staatlicher Instruktor, Diplomgolflehrer
Email: oliver_hertl@hetgolf.at