Mi, 13. April 2022 Augusta National Golf Club, Georgia, USA

The Masters

Ein Rückblick auf DIE drei Geschichten der ersten Major-Woche des Jahres

Von Jakob Lamprecht

Ohne Zweifel ist das Masters Turnier in Augusta das jährlich ausgetragene Turnierhighlight schlechthin. Grund genug auf das erste Major des Jahres zurückzublicken und drei große Geschichten der vergangenen Woche in den Fokus zu stellen.

Österreicher und Augusta

Bis vor wenigen Wochen sah es ganz danach aus, als würde auch nach diesem Jahr Bernd Wiesberger der einzige Österreicher bleiben, dem bisher die Ehre zuteil wurde, um das Green Jacket zu spielen. Welche Ausnahmestellung der Burgenländer damit im heimischen Golfsport einnimmt, unterstreichen sechs Teilnahmen, bei denen Österreichs Rekordsieger auf der DP World Tour stets den Cut geschafft hat.

Mit seinem herausragenden und historischen Sieg bei der Honda Classic schaffte Ende Februar mit Sepp Straka aber erstmals auch ein anderer Österreicher den Sprung in das illustre Teilnehmerfeld – und der Austroamerikaner konnte bei seinem Debüt die rot-weiß-rote Serie ausbauen. Bei insgesamt sieben heimischen Teilnahmen am ersten Major des Jahres, durften die Österreicher das Turnier immer über die volle Länge bestreiten. Mit seinem 30. Platz sorgte Straka zudem für das bisher drittbeste Ergebnis eines Österreichers beim Masters. (Anm.: Mit den Plätzen 22 (2015) und 24 (2018) konnte Bernd Wiesberger das Turnier bisher zweimal mit einer besseren Platzierung beenden)

Das größte österreichische Highlight in Augusta durften wir heuer zwar nicht bejubeln, doch dafür müssen wir auch nicht weit in die Vergangenheit zurückblicken. Erst 2021 waren aufgrund einer zwischenzeitlichen Führung und Platz 10 vor dem Schlusstag zahlreiche Augen der internationalen Golfwelt auf Österreichs Aushängeschild Bernd Wiesberger gerichtet. Auch wenn der 36-Jährige in der Endabrechnung schließlich „nur“ den geteilten 40. Platz belegte, zeigt es doch, welch große Rolle das kleine Österreich in der internationalen Golfwelt immer wieder spielt.

Ein Tiger kennt keinen Schmerz

„Die“ Geschichte – abseits der sportlichen Fakten – lieferte der wahrscheinlich bekannteste Golfer aller Zeiten. Denn Tiger Woods feierte nicht einmal 14 Monate nach einem schweren Autounfall sein Comeback auf der ganz großen Bühne. Für dieses aufsehenerregende Comeback wählte der Masters Rekordsieger nicht zum ersten Mal das Turnier im Augusta National. Bereits vor drei Jahren kehrte er ebenfalls beim ersten Major des Jahres auf die Tour zurück und krönte sein Comeback damals mit seinem 5. Sieg.

Dafür reichte es in diesem Jahr bekanntlich nicht. Doch der sichtlich nach wie vor körperlich beeinträchtigte Woods startete am Donnerstag sensationell in den Top 10 ins Turnier und löste damit unter tausenden Fans, die ihn während der gesamten Turnierwoche auf Schritt und Tritt begleiteten, eine wahre „Tiger-Mania“ aus.

Woods, der sich bereits bei seinem Debüt-Sieg 1997 mit einem Rekordvorsprung von zwölf Schlägen einen Eintrag in den Geschichtsbüchern sichern konnte, baute zwar im weiteren Verlauf des Turniers von Tag zu Tag ab, doch dies tat der Euphorie um seine Person keinen Abbruch. Nach seinem letzten versengten Putt jubelten ihm trotz Platz 47 und gesamt 13 Schlägen über Par tausende frenetische Fans zu, vor denen die lebende Legende sichtlich emotional mitgenommen den Hut zog.

Das Comeback von Tiger Woods ist ein Beweis dafür, dass auch im kompetativen Leistungssport nicht immer nur die reine sportliche Leistung zählt. Denn jeder Sport benötigt seine Vorbilder, seine Aushängeschilder, ja, seine Legenden, die während ihrer herausragenden Karrieren tausende (junge) Menschen für ihren Sport begeistern und somit zu viel mehr als Sportlern werden. 

Scottie Scheffler, der Mann der Stunde

Einer, der heute großen Namen, die von Tiger Woods inspiriert wurden, ist Scottie Scheffler. Auch wenn Scheffler zum Zeitpunkt von Woods‘ ersten Masters-Titel noch auf Windeln angewiesen war, prägte die lebende Legende bereits den junge Scottie in seinen Anfangsjahren: „Ich habe seine Eisen gespielt und seine Schuhe getragen.“

Der neue Stern am Golfhimmel stellte bereits vor den Masters eindrucksvoll klar, dass an ihm derzeit kein Weg vorbeiführt. Mit drei Siegen in den vergangenen beiden Monaten – darunter das WGC Match Play – spielte sich der erst 25-jährige US-Amerikaner vor den Masters nicht nur in den Fokus der Aufmerksamkeit, sondern stürmte auch in der Weltrangliste an die Spitze. Nur folgerichtig ging er auch in Augusta als einer der ganz großen Favoriten an den Start.

Doch während in der Vergangenheit bereits zahlreiche junge Sportler unter dem Druck der Öffentlichkeit nicht ihr A-Game abrufen konnten, machte Scheffler unbeeindruckt vom Rummel um seine Person genau dort weiter, wo er eine Woche davor beim WGC Match Play aufgehört hatte. Platz 3 nach Tag 1, Führung nach Tag 2 und schließlich ein souveräner Premierensieg mit drei Schlägen Vorsprung sprechen hier eine klare Sprache.

Man darf gespannt sein, wie sich das Green Jacket auf den Schultern des 25-Jährigen auswirkt. Löst es die letzten kleinen „Verspannungen“ und wir sehen in den kommenden Wochen und Monaten den endgültigen Durchbruch der neuen Generation oder bringt das legendärste Jacket der Welt den mentalen Aspekt zurück in das Spiel der neuen Nummer 1?

Wir sind in jedem Fall gespannt und genau wegen Geschichten wie diesen haben wir alle eines gemeinsam: Wir lieben Golf!