Mi, 13. Februar 2019 Wien

Wenn Handicap doppelte Bedeutung findet

Golf ist eine Sportart in der die „Inklusion“ Tradition hat. Männer können sich mit Frauen messen, Senioren mit Junioren und natürlich Sportler mit Beeinträchtigungen mit solchen, die keine haben.

Von Dr. Robert Kocher und Dr. Bernhard Zwick

Beim Golfen hat jeder ein Handicap – seien es 14 Schläger, ein Ball oder auch eine körperliche Einschränkung. Daher ist der Golfsport geradedazu prädestiniert, dass Menschen mit Behinderung gleichberechtigt und im wahrsten Sinne des Wortes auf Augenhöhe mit „normalen Golfern“ diese Leidenschaft teilen. Das bezieht sich auf Menschen mit Einschränkungen beim Hören, Sehen, durch Amputationen, durch Schlaganfälle, Krebserkrankungen, geistiger Behinderung, bis hin zu Menschen im Rollstuhl, die mit technischen Hilfsmitteln wie dem Powergolfer diesen Sport ausüben.

Oftmals fragen sich Golfer ohne Behinderung: „Wie kann man denn mit einem körperlichen Handicap überhaupt Golfen?“. Vielmehr sollte man sich jedoch die Frage stellten, was ein „normaler Golfer“ von einem „Behindertengolfer“ lernen kann – da ist nämlich einiges!

Starten wir mit den Sehbehinderungen. „Sehende Golfer“ können sich schwer vorstellen, dass man mit dem Wegfall des Sehsinns den Golfsport überhaupt betreiben kann. In Wahrheit golfen Sehbehinderte jedoch ganz ausgezeichnet.

Das Gehirn hat gelernt sich auf andere Sinne zu verlassen. So fühlen und hören diese Sportlerinnen und Sportler wesentlich besser als Sehende. Sie erfühlen Putt-Linien beim Abschreiten der Puttlinie. Das geht soweit, dass sie Pitch-Marken fühlen und diese zielsicher ausbessern. Die Distanz zum Loch schreiten sie ab und ermitteln eine genaue Vorstellung vom Profil des Grüns. Damit gelingt es erstaunlich gut zu Putten!

Wann immer sie die Möglichkeit haben mit einem sehbeeinträchtigten Sportler zu Putten, nützen Sie diese Chance! Folgen Sie der Routine und versuchen Sie sich auf die sogenannte propriozeptive Wahrnehmung zu verlassen. Routinen wie diese werden Ihr Putten deutlich verbessern.

Wenn sie mit körperlich beeinträchtigten Golfern spielen, seien es Lähmungen, Amputierte oder Fehlstellungen der Arme und Beine, werden Ihnen Dinge auffallen und Sie werden Vieles anders betrachten.

  1. Man kümmert sich um Lösungen, nicht um Probleme:
    Menschen mit Beeinträchtigung leben in einer Umgebung, die für sie nicht konzipiert ist. Deshalb müssen sie ständig Hindernisse und Schwierigkeiten bewältigen. Golf ist eine Sportart mit Hindernissen. Die Leichtigkeit und scheinbare Selbstverständlichkeit mit der beeinträchtigte Sportler die Herausforderung von Hindernissen annehmen ist fantastisch und beeindruckend.
  1. Fehlerkultur:
    Man kann sehr häufig beobachten wie pragmatisch beeinträchtige Sportler mit Fehlschlägen oder ausbleibendem Glück umgehen. Gejammert wird hier selten, denn ein verlorener Schlag ist keine Katastrophe. Die Freude an der Bewegung, am Sport Golf und an den sozialen Kontakten und nicht Glück oder Zufall stehen im Mittelpunkt des persönlichen Interesses.
  1. Fokussierung und Zielsetzung:
    Die Fähigkeit trotz körperlicher oder geistiger Beeinträchtigungen hervorragend Leistungen zu erbringen, erfordert Planung und konsequente Umsetzung der Aufgabe. Die Fähigkeit sich bereits im Vorfeld intensiv mit dem Golfsport auseinanderzusetzten und auch die Konsequenz im Training ist bei diesen Sportlern besonders ausgeprägt.
  1. Training ist ein Teil des Lebens:
    Ob eine angeborene oder später erworbene Beeinträchtigung vorliegt, die Verbesserung der Funktion des Körpers und das Training zum Erreichen von Zielen ist ein Teil des Lebens. Das Trainieren haben beeinträchtigte Sportler konsequent gelernt und gelebt. Das verschafft ihnen einen Vorteil gegenüber den scheinbare unversehrten Golfern!
  1. Soziale Kompetenz und Rücksichtnahme:
    Beim Spiel mit beeinträchtigten Sportlern fällt auf, wie achtsam diese mit ihren Mitspielern umgehen. Ihre soziale Kompetenz ist oft sehr beindruckend.
  1. Freude am Wettbewerb:
    Nicht das absolute Ergebnis zählt, sondern das Abrufen der aktuellen Leistungsfähigkeit steht beim Wettkampf im Vordergrund. Dieser „Mindset“ nimmt Druck und steigert die Freude am Wettkampf.

Nicht beeinträchtigte Golfer können sehr viel von unseren „Disabled Golfers“ lernen. Wann immer Sie die Möglichkeit vorfinden mit solchen Sportlern zu spielen, haben Sie keine Scheu und nützen Sie die Gelegenheit. Wenn Sie Bekannte mit körperlichen Einschränkungen haben, animieren Sie sie zum Golfsport. Kaum eine andere Sportart bietet so viele Möglichkeiten und Freude.

Mezinárodní mistrovství ČR v golfu hendikepovaných 2017