Vom Weinheber zum Golfschläger

Von Volker Höferl

Heimische Winzer erobern die Golfplätze. Ob zufällig oder mit Hintergedanken – immer öfter sind neben den edlen Tropfen auch deren Produzenten aus den Clubs nicht mehr wegzudenken. Eine Kellerbeschau mit Drive.

„Wenn wir da sowieso mithatschen müssen, können wir eigentlich gleich selber mit dem Golf anfangen.“ Diesen Entschluss fasste Josef Reumann 2010 im Hotel Alpenrose in Lermoos. Das Hotel hatte Freunde und Lieferanten zu seinem jährlichen Golfturnier geladen. Damit auch wirklich alle mitmachen konnten, wurden Teams aus Golfern und Nicht-Golfern gebildet. Die Golfer bewegten die Kugeln vom Abschlag zum Grün, ihre noch nicht dem Spiel verfallenen Partner erledigten mit dem Putter den Rest. Drei Jahre später ist der Winzer aus Deutschkreutz längst vom Golf-Virus befallen. „Wäre ich schon in der Pension, würde ich das ganze Jahr spielen“, ist sich Reumann sicher. Als Inhaber des bekannten Weinguts schafft er immerhin zwei bis drei Golf-Einheiten pro Woche. „Wenn ich um sechs vom Traktor steige, kann ich um halb sieben Uhr am Golfplatz sein“, rechnet der Hcp-25-Spieler.

Die 15-minütige Autofahrt zum Platz führt Josef Reumann allerdings nach Ungarn. Der nächstgelegene Platz auf rot-weiß-rotem Gebiet liegt eine Dreiviertelstunde entfernt. Das soll sich ändern, wenn es nach Reumann und einigen seiner Winzerkollegen geht. Die engagierten Neo-Golfer arbeiten nämlich fieberhaft am ersten grenzüberschreitenden Golfplatz mit dem malerischen Namen „Blaufränkischland“. Mit Paul Kerschbaum und Markus Kirnbauer kämpfen zwei prominente Weinbauern für die Umsetzung dieses Platzes im Mittelburgenland. „Es schaut von Woche zu Woche besser aus“, bestätigt Markus Kirnbauer.

Nicht ganz so gut sieht es bei Markus Kirnbauer mit der Weiterentwicklung des eigenen Golfspiels aus. Mit Handicap 31 sieht er selber noch „viel Luft nach oben“, auch wenn er darauf Wert legt, dass er auch beim Golf dieselbe Leidenschaft an den Tag legt wie in seinem Brotberuf als Vermarkter des elterlichen Weingutes – Nachsatz: „Zum Glück muss ich aber nicht vom Golf leben.“ Das Schöne Spiel ist für Kirnbauer auch ein Erfolgs-Werkzeug im Beruf: „Durch Golf wird das Business sicher belebt. Ich bin bei vielen Kunden unterwegs und verbinde diese Reisen auch mit Golf. Man kommt leichter ins Gespräch, wenn man mit potenziellen Kunden eine Runde spielt, als wenn man nur nach dem Turnier als Betreuer des Wein-Standes mit dabei ist“, erklärt Markus Kirnbauer.

Dass er und seine Frau überhaupt zum Golfsport gekommen sind, ist der Kompromissbereitschaft beider entsprungen. „Ich bin eher für die schnellen Sportarten wie Laufen, meine Frau liebt langsame Sportarten wie Spazieren. Mit Golf haben wir die Goldene Mitte gefunden“, schmunzelt Kirnbauer. Wie sehr das Golfvirus zugeschlagen hat, zeigt auch die Tatsache, dass zum jährlichen Familien-Tauchurlaub im Indischen Ozean mittlerweile die Sauerstoff-Flaschen gegen die Golfbags getauscht wurden.

So wenig die Wein-Experten im Keller dem Zufall eine Chance geben, so unverhofft haben die meisten von ihnen den Weg auf den Golfplatz gefunden. Ein geschenkter Platzreifekurs bedeutete für Leo Aumann und Josef Salzl den Beginn der Leidenschaft Golf. Während Salzl selbst der Adressat des Gutscheins war, ließ sich Aumann von einem Freund über­reden, als Begleitung beim Platzreifekurs zu fungieren. „Ich war eigentlich der Meinung, dass mich Golf nicht interessiert. Aber das Virus ist sofort auf mich übergesprungen“, erinnert sich Leo Aumann an seine Anfänge.

Seit 2007 ist er im GC Fontana Mitglied. Die Distanz von seinem Weingut in Tribuswinkel zum Stronach-Platz beträgt gerade einmal fünf Minuten. Und aus dieser räumlichen Nähe konnte Aumann Kapital schlagen. „Ich kann natürlich nicht jeden Tag eine Runde spielen, aber ich war in der Vergangenheit oft trainieren“, erklärt der Niederösterreicher sein Handicap von aktuell 11,1. „Beruf und Golf lassen sich gut miteinander verbinden. Wenn ich bei meinen Kunden unterwegs bin, kombiniere ich das oft mit einer Runde Golf.“ Wie bei allen anderen Winzern steht aber auch für Leo Aumann fest: „Der Wein geht vor.“ Soll heißen: In der Lesezeit ist Golf tabu.

Und man kann ja auch den Winter nützen, um für den Sommer vorzubauen: Stellenbosch, Dubai, Florida oder der Old Course in St. Andrews – überall dort hat Leo Aumann bereits aufgeteet. Was ihn am Golfsport so fasziniert? „Man kann sich durch das Handicap-System auch mit Golfern duellieren, die eigentlich in einer anderen Spielklasse zu Hause sind. Was Golf und meinen Beruf als Winzer außerdem verbindet, ist die Tatsache, dass immer wieder eine neue Herausforderung entsteht. Keine Runde gleicht der anderen, kein Jahrgang gleicht dem anderen.“

Josef Salzl genießt bei den Runden mit seiner Frau die saftigen Wiesen, die frische Luft – und die Ruhe, auf dem Platz wie auch im Weingarten. „Bei der Weinproduktion und auf dem Golfplatz muss man mit Spaß und Ehrgeiz bei der Sache sein, damit am Ende etwas Gutes dabei rauskommt. Schön ist auch, dass man gegen sich allein spielt und ohne Schiedsrichter auskommt. Das ist vergleichbar mit der Arbeit im Weingarten, wo ich mir auch nicht gerne dreinreden lasse“, zieht Salzl Vergleiche zwischen Beruf und Hobby. In Ehrfurcht erstarrt der Hcp-45-Winzer aus dem Seewinkel, wenn er an eine Runde mit Bernd Wiesberger zurückdenkt: „Es war ein Wahnsinn. Da sieht man erst, was Golf spielen wirklich heißt.“

Die golfenden Winzer sind mittlerweile gut vernetzt. Mit dem Zusammenschluss zur Dachmarke „Vitikult“ wollen die Rotwein-Produzenten des Mittelburgenlandes ihre Produkte qualitativ absichern und international gemeinsam verstärkt bewerben. Erst Mitte Juli sind die Betriebe ausgerückt, um bei der „Vitikult Wein & Golf Trophy“ im GC Zell am See das „Blaufränkischland“ zu promoten. Beim Winzerturnier am 1. Juni dieses Jahres im Reiters Golf & Country Club Bad Tatzmannsdorf teeten 100 Hauer und Kunden auf, und gleich Ende April gab es im Golfclub Lengenfeld einen Vergleichskampf im Ryder Cup-Stil. Aber nicht USA gegen Europa hieß das Duell, sondern „Wirte gegen Winzer“. All diese Events sind Plattformen für Marketing, Networking und Verkauf.

Leo Aumann, Josef Salzl, Markus Kirnbauer und Josef Reumann haben durch Golf auch positive Auswirkungen für ihr Geschäft registriert. Auch Horst Gager und Leo Hillinger unterschreiben das – selbst wenn der eine noch nicht und der andere nicht mehr die Schläger schwingt. Die Golf-Karriere von Promi-Winzer Leo Hillinger startete 1992 und endete schon fünf Jahre später – aber sie hat sich voll ausgezahlt. „Ich habe mir Geld geborgt, um mir die Mitgliedschaft im GC Donnerskirchen leisten zu können. Ich wollte am Golfplatz neue und vor allem gute Kunden für meine Weine kennenlernen. Und dieser Masterplan ist voll aufgegangen“, erinnert sich Hillinger zurück. Als sportlich talentierter Mensch fiel ihm das Spiel leicht. Erste Erfolge stellten sich rasch ein – auch dank seiner Kraft. Den Ball mit einem 7er-Eisen auf 200 Meter rausdrücken – für „Kraftlackl“ Leo Hillinger kein Problem. Hölzer hat er nie ausprobiert. Sein bestes Handicap war 21 – das hatte er nach einem Jahr bereits erreicht, und weiter runter wollte er nicht. „Es schaut besser aus, wenn man besser spielt, als sein Handicap es vermuten lässt. Denn es kommt besser an, wenn man positiv überrascht, als wenn man sein ­Handicap nicht einmal ansatzweise erspielt.“

Und so hielt sich Leo Hillinger von Turnieren fern und verlegte den Fokus auf das Business: „Ich habe geschaut, dass dann nach der Runde im Restaurant alles passt und die Leute auf meine Weine aufmerksam werden.“ Nach fünf Jahren war der Golfzauber dann vorbei („Ich habe nur ein paar Stunden geschlafen und sonst nur gearbeitet. Golf wäre sich beim besten Willen zeittechnisch nicht mehr ausgegangen.“), und das Weingut setzte zur großen Expansion an. Aus einer Million Euro im Jahr 1997 wurden bis heute 15 Millionen Umsatz. 50 Hektar Anbaufläche ergeben rund 480.000 Flaschen Wein pro Jahr. Und dass beim biologischen Anbau alles glatt läuft, dafür sorgt Leo Hillinger persönlich und in sportlicher Art und Weise: „Von Rust bis Jois fahre ich alles mit dem Rad ab.“ Gelegentlich greift Hillinger auch heute noch zum Golfschläger – wie im Vorjahr gemeinsam mit Armin Assinger im Urlaub –, aber die aktive Zeit ist vorbei: „Ich verfolge Golf sonst nur noch im Fernsehen. Aber es ist ein wunderbarer Sport und hat Ähnlichkeiten mit meinem Job als Winzer: Auf dem Golfplatz und im Weinkeller brauchst du volle Konzentration und Demut.“

Horst Gager steht das alles noch bevor: „Meine Kinder sind sechs und acht Jahre alt, also noch ein bisschen zu klein. Aber ich habe mir ganz fest vorgenommen, mit dem Golf anzufangen.“ Wie es auf Golfplätzen zugeht, das weiß der Winzer aus Deutschkreutz aber bereits jetzt – dank vieler Golfturniere, bei denen er mit seinen Weinen vertreten war: „Bei den Vitikult-Golfturnieren bin ich als Caddie mit dabei. Und ich weiß schon, dass man die Klappe halten soll, wenn jemand „FORE!“ schreit.“ Nun ja, das kann es auch bedeuten. Den Kopf einziehen wäre aber auch keine schlechte Idee … Wie auch immer: Die Golfkarriere des Rotwein-Spezialisten Gager scheitert derzeit noch an der Zeit („Wenn man gut werden will, dann braucht man ausreichend Zeit zum Trainieren“), aber auf der „To-do-Liste“ ist es fix vermerkt. Und so nebenbei will er auch mithelfen, den bereits eingangs erwähnten neuen Golfplatz in Deutschkreutz zu realisieren.

Vom Weinheber zum Golfschläger – wenn die heimischen Winzer heute sagen, sie gehen ins Grüne, dann meinen immer mehr damit den Golfplatz anstelle ihres Weingartens. Der Golfsport kann davon nur profitieren – und die Golfer erst recht, wenn sie nach der Runde mit guten Tröpferln anstoßen können.

Erst das Birdie, dann ein „Birdie One“

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Peter Stockinger kredenzt mit dem „Birdie One“ den ersten heimischen Wein speziell für Golfer.

Einer der weltweit besten Weißweine für das faszinierendste Spiel der Welt. So lässt sich Peter Stockingers Weinkreation „Birdie One“ mit einem Satz am besten beschreiben. Der Winzer aus Dürnstein in der Wachau nennt die Nähe zum GC Lengenfeld als Grund, warum er vor knapp zehn Jahren mit dem Golfsport begonnen hat: „Immer mehr meiner Kunden waren Golfer – das war ein weiteres Argument für den Griff zum Golfschläger.“

Während es in der Golfkarriere für Peter Stockinger bis Handicap 16 ging, erreichte er mit seinem Grünen Veltliner Federspiel den Aufstieg in den Wein-Olymp. Bei der „Wine & Spirit“ Asia Challenge in Singapur matchte sich Stockingers Tropfen mit 30.000 Konkurrenten rund um den Globus und erreichte Platz drei. Dieser Erfolg wurde kurz später beim „Decanter World Wine Award“ in London wiederholt. Rund 15.000 Flaschen des „Birdie One“ werden pro Jahr produziert.
Für alle Rotweinfans stehen jährlich 6000 Flaschen „Birdie Red“ zur Verfügung. Franz Klammer hat sich von der Qualität der „Birdie“-Weine bereits ebenso überzeugt wie die Gäste der Galanacht des Golfsports in den letzten Jahren oder die Gäste des Emirates Golfclub in Dubai.

Mit dem Golf hat sich auch das Zielpublikum im Dürnsteiner Stockingerhof geändert. Waren es früher hauptsächlich Radfahrer, die im Hotel nächtigten, um am kommenden Tag wieder an der Donau weiterzufahren, sind es mittlerweile verstärkt Golfer, die buchen, um auf einem der zahlreichen Partnerclubs (Adamstal, Diamond Course, Maria Taferl, Ottenstein, Lengenfeld, …) abzuschlagen.

Eine hemdsärmelige Annäherung an den Golfsport

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Die Weinbau- und Kellermeisterin Elfriede Österreicher-Polt hat Golf zwar versucht, viel wohler fühlt sie sich aber in ihrem Heurigen in Pfaffstätten.

Elfriede Österreicher-Polt war 1988 eine der wenigen Frauen im Land, die sich mit dem Titel „Weinbau- und Kellermeisterin“ schmücken durften. 25 Jahre später ist der ursprünglich elterliche Heurigenbetrieb in Pfaffstätten bei Baden längst der ihre und etabliert. Mit Golf hatte sie damals rein gar nichts am Hut: „Das war ein Sport für Reiche. Ich hätte keine Verbindung zu etwas ­Bodenständigem wie meinem Heurigen gefunden.“

Die Zeiten ändern sich und mit ihnen die Ansprüche und Gegebenheiten. Inzwischen wuchern in der Thermenregion die Golfplätze wie der wilde Wein, Golf ist massentauglich geworden, der Heurige war es ohnehin immer. Grund genug für Elfriede Österreicher-Polt, sich über Synergien Gedanken zu machen und etwas zu tun – auch wenn sie selbst (noch) keine Golferin ist. Also fand 2013 im schmucken GC Guntramsdorf das 1. Heuriger-Österreicher-Turnier mit anschließender Siegerehrung im Lokal in Pfaffstätten statt. Der Erfolg gibt der Winzerin recht: „Für uns war das eine ausgezeichnete Werbung, es waren viele Spieler da, die meinen Betrieb noch nicht gekannt ­haben. Wenn der eine oder die andere wiederkommt, bin ich zufrieden. Und Guntramsdorf hat sich angeboten, weil der Club gut zu uns passt: Nicht allzu groß, bodenständig – irgendwie ein bisschen hemdsärmelig. Das gefällt mir.“ Denn dass Golf und Wein generell zusammenpassen, steht für Elfriede Österreicher-Polt außer Frage: „Es geht um die Natur, um Leidenschaft, um Demut, um Ehrlichkeit – das gilt für den Wein genauso wie für das Golfspiel.“

Steirischer Whisky

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Michael Weutz hat leicht lachen – er überzeugt in der Whisky-Produktion und auf dem Grün (Hcp 9).

Sankt Nikolai im Sausal im Südsteirischen Weinland ist vor allem für Männer so etwas wie das Wunderland für Alice. Die gut 2200 Einwohner können sich nicht nur über beste Weine freuen, sondern auch bei den heimischen Gerstenprodukten aus dem Vollen schöpfen: Bier und Whisky sind ausreichend vorhanden. Das „Flamberger“ wird seit 1986 von Michael Löscher gebraut. Das Portfolio ist mittlerweile auf über 50 (!) Sorten angewachsen. Darunter finden sich auch exotisch klingende Exemplare wie Holunderbier, Hanfbier, Dinkelbier oder Schwarzweizen. Löschers Wissen um die Gerste und deren Verarbeitung war dann auch die Initialzündung für den Beginn der Whisky-Erzeugung bei Michael Weutz. Mit seinem ersten Produkt, dem Single Malt „Hot Stone“, konnte Weutz auch international gleich für Aufsehen sorgen – im positiven Sinn. In den letzten 20 Jahren hat sich der Whisky-Brenner weiterentwickelt – am Produkt und am Golfplatz. Mit Handicap 9 ist Michael Weutz eine Stütze der Mannschaft des GC Frauenthal. Er beteiligt sich intensiv am Clubleben, spielt bei den Mid-Amateuren und hilft seinem Heimatclub oft mit Preisen für diverse Turniere aus. Freunde beschreiben ihn als „fantastischen Golfer“, der aufgrund seiner Größe schon ordentliche Längen erreicht.

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