Die Architektur des Golfschwungs

Von Jelle Zandveld

Nicht nur Architekten wissen: Um Stabilität zu gewährleisten, wird beim Hausbau zu allererst ein solides Fundament aus Beton und Eisen gelegt. Auch beim Golfschwung sollten wir durch unsere Füße wirkungsvoll im Boden verankert werden, um der Kraftübertragung einer soliden Schwungbewegung standhalten zu können.

Golfschuhe sind dabei ein erster, nicht zu unterschätzender Einflussfaktor. Offene Schnürsenkel oder abgenützten Spikes verhindern einen soliden Stand – gleichsam den fehlenden Eisenverstrebungen, die dem betonierten Fundament eines Gebäudes erst die notwendige Stabilität verleihen. Bedenkt man zudem, dass sich der durchschnittliche Golfspieler vor allem in seiner Statik von vergleichsweise adynamischen Bauten, wie dem Clubhaus oder der uralten Eiche, die den direkten Weg aufs Grün versperrt, gemein hat, gewinnt eine solide Basis zunehmend an Bedeutung.

Der menschliche Körper ist auf großartige Weise beweglich und mobil. Ein oder mehrere Architekten scheinen also dafür gesorgt zu haben, dass wir stabile Elemente (Knochen) mit mobilen Einheiten in uns vereinen. Gemeinsam ermöglichen es passive Strukturen, wie die verschiedenen Gelenke mitsamt ihrer Kapseln und Bänder, sowie die aktiv stärkende Muskulatur, dass wir uns mehr oder weniger elegant und autonom durchs Leben, aber auch über den Golfplatz bewegen können.

Die Architektur des Körpers verfügt also über die grundsätzliche Voraussetzung einer starken Basis, um uns stabil und mobil der Gravitation des Erdballs entgegensetzen zu können. Doch innerhalb dieses vorgegebenen architektonischen Rahmens steht jede Menge Platz für individuelles Design zur Verfügung.

Inwieweit wir nun unsere Körper architektonischen (und somit stabilen und dynamischen) Meisterwerken angleichen, obliegt der einfachen Kalkulation aus Angebot und nachfrage. Bewegen wir uns tagtäglich maximal morgens vom Frühstückstisch ins Auto und von der Tiefgarage zum Lift, um von dort den Drehsessel vor dem Bildschirm im Büro zu erreichen, fehlen wesentliche Elemente der nachhaltigen Innen- und Außenraumgestaltung. Senden wir unseren Körpern hingegen eindeutige Signale, er möge doch besser Muskeln generieren, um alltägliche, also regelmäßige Hürden durch Kraft, Ausdauer und Geschwindigkeit bewältigen zu können, wird dies auch geschehen. Arbeitet ein Golfspieler demnach gezielt an den eigenen körperlichen Fähigkeiten, wird sich das Design der eigenen Leibhaftigkeit den Anforderungen an die Athletik des eigenen Golfschwungs angleichen.

Im Sinne der optimalen Abstimmung von Betreuer (Architekt) und Spieler (Designer) ist es von essentieller Bedeutung, die gemeinsamen Ziele zu definieren. Nur so können Stabilität, Mobilität, Kraft, Ausdauer und Geschwindigkeit nachhaltig verbessert werden. Eventuell verlangen körperliche Beschwerden, dass zuerst die grundsätzliche Architektur verändert wird, bevor gestalterische Maßnahmen sinnhaft angewandt werden können. Letztendlich wird jedoch nur das Zusammenspiel von beidem die optimale Lösung bringen. Teaching Golf Professionals, Physiotherapeuten oder Osteopathen wissen, wie Sie am besten Ihren individuellen Weg finden können. Zu jeder Zeit sollten sie jedoch folgendes bedenken: Selbst die schönsten Kathedralen wurden nicht an einem Tag, ja nicht einmal in einem Jahr erbaut.

Ich wünsche ein schönes Spiel!

Wie wir unseren Körper formen

Wir alle sind hoch differenzierte Individuen. Es ist also nur konsequent, dass kein Golfschwung dem anderen gleicht. Dies ist einerseits auf die vorgegebene Architektur des Körpers zurückzuführen. Andererseits jedoch, und zwar vielmehr noch, beeinflussen das eigene Tun und somit gesetzte Trainingsreize unsere körperlochen Voraussetzungen. Speziell in der Wachstumszeit können wir dabei auf die weitere körperliche Entwicklung beeinflussen. Die Arbeit der Verbandsärzte des ÖGV, Dr. Kocher und Dr. Zwick, schlägt genau in diese Kerbe und ist von größter Bedeutung für eventuell spätere Profi-Athleten. Sind wir ausgewachsen, beginnen uns zumeist Beruf und Freizeit stark zu (ver-)formen. Was, und vor allem wie wir trainieren, bestimmt aber auch dann noch, welche körperlichen Fähigkeiten wir entwickeln können: Ein kraftvoller Schwung bedarf weniger reinen Kräftigungsübungen, als vielmehr speziellen, dynamischen Trainingsansätzen. Erst wenn wir wissen, welche Fähigkeiten es zu verbessern gilt, kann bestimmt werden, mit welchem Trainingsprogramm das Trainingsziel am ehesten erreicht werden kann.

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Jelle Zandveld D.O. ist Physiotherapeut und Osteopath und beschäftigt sich seit 2006 intensiv mit Golfsportlern. Er betreibt seine Praxis in Vorarlberg. golfphysicalperformance.com

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