No Risks, More Fun

Jelle Zandveld

In meiner Praxis für Osteopathie und Physiotherapie treffe ich öfters Golfer, die sich während des Spiels verletzt haben. Meistens bedeutet dies eine längere Pause und etliche Behandlungseinheiten. Jeder Spieler sollte in offensichtlich heiklen Situationen einschätzen, welche Risiken er beim Schwung nimmt.

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Bild: Getty Images

Als Tiger Woods mit einem Fullswing gegen einen Baum seinen Schläger demolierte, sparte er sich zwar einen Strafschlag, indem er seinen Ball nicht für unspielbar erklärte, aber er nahm vor allem ein enormes Risiko in Kauf: die Verletzung seiner Hand. Tiger Woods hatte Glück. Die Befreiung aus der misslichen Lage glückte und er hat sich selbst nicht wehgetan. Das Risiko hat sich für ihn offensichtlich ausgezahlt.

Jeder Golfer, aber insbesondere jeder Hobbyspieler, bei dem es nicht um Geld, sondern maximal um ein paar Nettopunkte geht, sollte sich jedoch in gefährlichen Situationen gut überlegen, ob er den Ball spielt, wie er liegt, oder ihn nicht doch lieber für unspielbar erklärt – seiner Gesundheit, seiner Ausrüstung und vielleicht sogar seinem Score zuliebe!

Sobald das geringste Risiko besteht, sich die Hand zu verletzen oder seinen Schläger zu demolieren, wenn man einen beinahe unmöglichen Schlag aus unmöglicher Lage versucht, sollte man lieber einen Befreiungsschlag zur Seite versuchen oder einen Strafschlag in Kauf nehmen. Mit etwas Course- und Scoring-Management kann man vielleicht eher noch einen Nettopunkt retten als mit einer „Hit & hope“-Taktik.

Es soll aber auch gesagt sein, dass der fitte Golfer sich eher einen risikovollen Schlag erlauben kann als ein untrainierter Spieler. Gute Mobilität der Gelenke eröffnet mehr Möglichkeiten, als man denkt. Auch eine optimale Stabilität im Körper ist hilfreich. Als Sergio García beim diesjährigen Arnold Palmer Invitational in Bay Hill einen Befreiungsschlag aus einem Baum spielte, wusste er, dass er die Fähigkeit hat, aus dieser Position seine Lage zu verbessern: Er besitzt die körperlichen Fähigkeiten, die es braucht, in einem Baum zu stehen und einhändig den Ball so zu schlagen, dass er nachher eine optimale Lage hat und er nicht zu viel verliert. Den Ball zu droppen hätte wahrscheinlich mehr Schläge gekostet. García nahm ein Risiko und wurde dafür belohnt. Was wäre gewesen, wenn er seine Balance verloren hätte? Ein Sturz, eine Verletzung? Vielleicht wäre sogar seine Saison vorbei gewesen. Aber Sergio ist topfit und kennt seine Grenzen. Seine Mobilität, Stabilität, Ausdauer und sein Gleichgewicht sind sehr gut.

Welche Risiken nehmen Sie auf dem Platz? Machen Sie einen vollen Schwung in extremer Schräglage in einen rutschigen, nassen Hang? Oder chippen Sie den Ball lieber dorthin, wo Sie einen besseren Stand haben, vielleicht einen Schlag mehr brauchen (wahrscheinlich einen weniger)? Natürlich will man gern mal was probieren, und wer nicht wagt, wird nicht gewinnen, sagen Sie? Physiotherapeutisch gesehen bin ich Ihrer Meinung – aber nur, weil ich dann mit mehr Patienten mehr verdiene. Ich hoffe, Sie verstehen die Ironie, aber ich rate Ihnen, am Golfplatz nur dann zu riskieren, wenn es um Schläge, Punkte und Score geht, aber niemals, wenn die Gesundheit auf dem Spiel steht: Ein gerissenes Seitenband, ein gezerrter Muskel oder ein gebrochener Knochen bedingen eine längere Spielpause in einer ohnehin kurzen Saison und mehrere Besuche in der Physiotherapie.

 

Mein Tipp:

Golf sollte vor allem Spaß machen, und der Nervenkitzel bei riskanten Schlägen ist nun mal eine Freude, vor allem, wenn man dann auch noch belohnt wird. Aber in allen gesundheitlichen Belangen gilt: No risk, more fun! Ich wünsche allen Golfern eine verletzungsfreie Golfsaison. Schönes Spiel!

 

Jelle Zandveld ist Physiotherapeut und Osteopath und beschäftigt sich intensiv mit Golfsportlern. Er betreibt seine Praxis in Vorarlberg.

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