Golf und Rückenschmerzen

Von Jelle Zandveld

Regelmäßig erkundigen sich Patienten, ob sie denn trotz Rückenschmerzen weiterhin Golf spielen dürften, oder ob der leidliche Schmerz am Rückgrat der langfristigen Gesundheitsvorsorge zuliebe doch das Karriereende bedeuten sollte. Eine einfache Antwort auf diese Frage gibt es leider nicht.

Ich möchte deshalb schon zu Beginn festhalten, dass dieser Beitrag keine Diagnose Ihrer persönlichen Rückenbeschwerden sein kann. Genaue Ursachen können nur vom Spezialisten festgestellt werden. Ich empfehle daher, den Mediziner Ihres Vertrauens zu konsultieren.

Die harten Fakten vorab: International betrachtet hatten 80% der Menschen über 25 bereits einen oder mehrere Bandscheibenvorfälle. Dem Altersdurchschnitt der golfenden Population entsprechend ist also davon auszugehen, dass nahezu jeder Golfspieler an irgendeiner Stelle der Wirbelsäule einen Bandscheibenvorfall erlitten hat. Akute Vorfälle ereignen sich dabei allerdings meist nur vor dem 40. Lebensjahr. Sind Sie also über 40, wenn man bei Ihnen einen Vorfall entdeckt, so ist davon auszugehen, dass sie dieser schon länger begleitet. Es scheint daher möglich, trotz Bandscheibenvorfall auch mit 40+ noch jahrelang Golf zu spielen. Wurde die konkrete Ursache der Rückenschmerzen allerdings noch nicht diagnostiziert, bleibt die endgültige Beurteilung durch den Fachmann abzuwarten. Ältere Bandscheibenvorfälle können als Teil eines dysfunktionalen Mechanismus durchaus Rückenschmerzen verursachen. Da es oft mehrere Ursachen für Rückenbeschwerden gibt, ist die alleinige Behandlung des Vorfalles in der Regel nicht ausreichend.

Human Spine

Die menschliche Wirbelsäule, von links aus betrachtet.

Die wichtigsten Aspekte im Zusammenspiel der Rotationssportart Golf mit der Wirbelsäule sind Mobilität, Muskulatur und andere Einflüsse. Der Golfschwung lässt den gesamten Körper um eine Achse – die Wirbelsäule – drehen, um den Schlägerkopf mit möglichst hoher Geschwindigkeit durch den Ball gehen zu lassen. Dazu bedarf es der Beweglichkeit diverser Gelenke – vor allem jener, die direkt an die Wirbelsäule anschließen. So beginnt der restliche Körper etwa, fehlende Mobilität zu kompensieren, wenn unsere Hüften zu wenig Rotation erlauben. Der herkömmliche Rückschwung aus den Hüften und der Brustwirbelsäule (Thorax) beträgt in der Regel insgesamt rund 90°. Verfügt eines der beiden Segmente über Bewegungsdefizite, beginnt die Lendenwirbelsäule um durchschnittlich etwa 2° pro Wirbel, sprich 10° über die gesamte Lendenwirbelsäule, „mitzuhelfen“. Wiederholtes Drehen im Maximalbereich verursacht in weiterer Folge (früher oder später) Schmerzen. In Fällen fehlender Hüft- oder Brustmobilität ist es dringend ratsam, die Rotation im unteren Rückenbereich zu vermeiden und den geringen Längenverlust zu akzeptieren. Ein Arzt, Physiotherapeut oder Osteopath kann beurteilen, ob Sie über ein ausreichendes Maß an Mobilität in den Hüften und der Brustwirbelsäule verfügen. Auch PGA Professionals sollten in der Lage sein, die Mobilität Ihrer Gelenke beurteilen zu können. Gibt es Bedarf an Verbesserung, kann mit gezielten Dehn- und Kräftigungsübungen rasch an der Lösung des Problems gearbeitet werden.

Wenn Sie unter Rückenschmerzen beim Golfspiel leiden, Ihr Arzt aber keine gröberen Ursachen finden konnte und die Mobilität in Ordnung ist, kommen diverse Gründe als Ursache der Schmerzsymptomatik in Frage. Zum Beispiel die zu schwache Ausbildung der stabilisierenden Muskulatur. Welche Muskeln für Stabilität verantwortlich sind, und wie Sie diese trainieren können, werde ich in der nächste Ausgabe erklären.

 

Schönes Spiel!

 

Jelle Zandveld D.O. ist Physiotherapeut und Osteopath und beschäftigt sich seit 2006 intensiv mit Golfsportlern. Er betreibt seine Praxis in Vorarlberg. golfphysicalperformance.com

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