Vorbereitung ist die halbe Runde

Von Thomas Weidinger

Für Profigolfer ist es unerlässlich, sich auf jede Runde gut vorzubereiten – aber auch Hobbygolfer können von einer guten Vorbereitung profitieren. Nur wer unbelastet spielt, kann sein persönliches Potenzial ganz ausschöpfen.

In Zusammenarbeit mit den ÖGV-Verbandsärzten Dr. Robert Kocher und Dr. Bernhard E. Zwick

 

Eine erfolgreiche Turnierrunde beginnt lange vor der eigentlichen Abschlagzeit, im Idealfall viele Tage, ja sogar Wochen vor dem Turnier. Welche Aspekte eine gute Vorbereitung ausmachen und welche Punkte es zu beachten gibt, haben wir im Gespräch mit den beiden Golfprofis Lukas und Tobias Nemecz erörtert. Lukas hat eine volle Spielberechtigung auf der Challenge Tour, Tobias eine volle Spielberechtigung auf der Alps Tour.

 

Wann beginnt eure Turniervorbereitung?

Lukas + Tobias: Unsere Turniervorbereitung beginnt eigentlich schon -Monate vor den Turnieren. Die Turnierplanung für das Jahr 2014 hat für uns schon im November (Lukas) bzw. im Dezember 2013 (Tobias) begonnen. Nachdem unsere Spielberechtigungen fix waren, haben wir uns mit unseren Trainern zusammengesetzt und den Turnierplan für 2014 zusammengestellt. Natürlich können wir noch nicht vorhersagen, wie die Ausgangssituation im August aussieht, aber prinzipiell steht der Plan für 2014.

Kocher + Zwick: Aus sportmedizinischer Sicht wird die Bedeutung einer langfristigen Planung oft unterschätzt. Die Belastungen und Strapazen für Profigolfer sind enorm und die Saison dauert sehr lange. Nicht nur die vier Turnierrunden, die Proberunde und das Pro-Am müssen berücksichtigt werden, sondern auch das Golf-Techniktraining, das funktionelle Fitness- und Krafttraining sowie die regenerativen Maßnahmen sollten in den Turnierplan einfließen. Dieses Vorgehen empfehlen wir auch für Hobbygolfer. Unabhängig von der Spielstärke gilt es auch für sie, Phasen der körperlichen Erholung, des körperlichen Aufbaus und schwungtechnischer Umstellung zu planen. Das trägt mit Sicherheit zur Leistungssteigerung bei.

Was gilt es beim Aufwärmen zu beachten?

Lukas + Tobias: Wir haben beide unser individuelles Aufwärmprogramm und brauchen rund 15 bis 20 Minuten vor dem Training oder Wettkampf für das Warm-up. Koordinative Übungen sind genauso dabei wie ein kurzes Einlaufen und ein Stretching Programm. Dann schlagen wir uns rund eine Stunde auf der Driving-Range und am Putting-Green ein. Dann gibt’s noch einen kurzen Materialcheck und spätestens zehn Minuten vor dem Start geht es zur ersten Tee Box.

Kocher + Zwick: Aus sportmedizinischer Sicht gibt es für das Aufwärmen mehrere Argumente. Durch ein gezieltes allgemeines und sportartspezifisches Erwärmen der Muskulatur lässt sich das Verletzungsrisiko deutlich verringern – mehrere unterschiedliche Untersuchungen gehen von einer Abnahme von akuten Verletzungen um bis zu 20 Prozent aus. Neben der Verletzungsprophylaxe steigert man aber auch das körperliche Leistungsvermögen durch ein gezieltes Aufwärmen. Die Steigerung der Körpertemperatur geht mit einer Steigerung der Leistungsfähigkeit einher. Einige Beispiele aus anderen Sportarten: Beim Hochsprung kann man bis zu 7,8 Prozent Leistungssteigerung pro Grad C Körpertemperatur (erzielt nach 3 bis 5 Minuten moderatem Jogging) erreichen, beim Schwimmen oder Sprinten bis zu 2,7 Prozent.

Mit anderen Worten: Ist man gut aufgewärmt, kann der Ball wahrscheinlich weiter geschlagen werden. Physiotherapeut Tobias Schmied konnte diese Ergebnisse bei österreichischen Nationalspielern mit dem Trackman reproduzieren.

Wie plant Ihr eure Ernährung auf der Runde?

Lukas + Tobias: Ernährung ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Turnierplanung. Nicht überall gibt es die Produkte, die wir auf der Runde gerne zu uns nehmen. Oft müssen wir unsere Nüsse, Äpfel und Bananen selbst mitnehmen.

Kocher + Zwick: Energie und Energiebereitstellung spielen im Golfsport eine leistungsbestimmende Rolle. Durch die lange Dauer von vier bis sechs Stunden mit Runde und Warm-up und dem relativ großen Energieverbrauch von bis zu 6 kcal pro Kilogramm Körpergewicht pro Stunde kommt es im Golfsport zu einem erheblichen Energiebedarf. Die Energiezufuhr muss also hinsichtlich Menge und Zeitpunkt genau geplant werden. Auf der Runde sollte man einen strikten Ernährungsplan verfolgen – wir empfehlen ein Birdiebook der Ernährung (siehe Perfect Eagle 4/2013, Anm.), das uns erinnert, wann wir essen und trinken sollen.

Ihr macht regelmäßig vor der Runde einen Materialcheck. Was beinhaltet der?

Lukas + Tobias: Wir prüfen alle wichtigen Utensilien. Wir beginnen bei der Markierung der Bälle. Nichts ist lästiger, als nach einem verlorenen Ball einen Stift suchen zu müssen und dann den neuen Ball erst zu markieren. Außerdem kontrollieren wir die Anzahl der Bälle – mindestens 12 haben mir mit –, Tees, Handschuhe sollten auch mindestens vier im Bag sein, Regenbekleidung, Regenschirm, Spikes, Regencover, Handtuch, Birdiebook sowie Ernährung und Getränke. Zusätzlich informieren wir uns über die Local Rules.

Kocher + Zwick: Golf ist eine Sportart, bei der das Material eine große Rolle spielt. Deshalb gilt es, regelmäßig das Material zu kontrollieren. Besonderes Augenmerk ist dabei auf eine dem Wetter angepasste Bekleidung zu legen. Wetterumschwünge sind keine Seltenheit und eine Reduk-tion der Körperwärme hat Auswirkungen auf die Schlaglänge. Deshalb ist sowohl bei Kälte als auch bei Wärme auf die entsprechende Kleidung zu achten. Die Schuhe sind sehr wichtig, da man auf einer Golfrunde rund 12 Kilometer zurücklegt. Dabei treten hohe Belastungen der Füße auf. Opti-males Schuhwerk ist deshalb besonders wichtig. Hat man Problem-füße, empfiehlt es sich, die Schuhe anpassen zu lassen. Bei einigen Firmen, wie zum Beispiel Footjoy, kann man dies problemlos machen.

Ihr seid Brüder und spielt manchmal im Turnier gegeneinander. Hilft man sich da gegenseitig?

Lukas + Tobias: Selbstverständlich helfen wir uns gegenseitig. Jeder freut sich über den Erfolg des anderen. Es kennt auch keiner unser Spiel besser als der eigene Bruder. Deshalb verbringen wir immer wieder viel Zeit im Training und in der Rundenvorbereitung miteinander. Wir besprechen die Birdiebooks gemeinsam, wir diskutieren über Spielstrategien und über gemachte Erfahrungen. Jeder soll von der Erfahrung des anderen profitieren. Das war immer so und wird auch so bleiben.

Kocher + Zwick: Gemeinsam ist man immer stärker. Ob auf Reisen, bei Trainings oder in der Planung. Ein anderer Blickwinkel eröffnet oft neue Perspektiven. Das ist in der Medizin genauso wie im Sport. Je besser das Team um einen Athleten zusammenarbeitet, desto höher sind die Erfolgsaussichten. Funktio-nierende Teams, bestehend aus Physiotherapeut, Golftrainer, Fitnesstrainer, Mediziner, Mentalcoach etc., sind für Spitzensportler eine Grundvoraussetzung, und auch Hobbysportler profitieren in vielerlei Hinsicht davon – sowohl was die sportlichen Erfolge als auch, vor allem, was die Gesundheit angeht.

 

Positive Effekte des Aufwärmens aus sportmedizinischer Sicht:

>> Erhöhung der Körper- bzw. Gewebstemperatur

>> verringertes Verletzungsrisiko

>> erhöhte Dehnbarkeit von Geweben und Gelenken

>> schnellere Energiebereitstellung

>> Steigerung der neuromuskulären Aktivität

>> psychologischer Effekt und mentale Aktivierung

 

Dr. Robert Kocher (l.) ist Chirurg und Unfallchirurg sowie Verbandsarzt des ÖGV. Hcp 3,9.

Dr. Bernhard E. Zwick (r.) ist Orthopäde und Kinderorthopäde sowie Verbandsarzt des ÖGV und TPI Golf Medical Professional. Hcp 7,4.

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