Gender Issues?

Frauen und Männer – zwei unterschiedliche Wesen? Auf dem Platz zeigt sich jedenfalls immer mehr die »Lust an der Differenz«.

Von Katrin Zita

Die Natur hat es eingerichtet, dass Frauen und Männer auf körperlicher Ebene gut zusammenpassen. They fit together, würde man auf gut Neudeutsch sagen. Die Unterschiedlichkeit ist dabei die Grundvoraussetzung für ein „Schönes Spiel“ abseits des Golfplatzes. Doch wie verhält sich das auf diesem? Werfen wir doch gemeinsam einen Blick auf den Balanceakt zwischen männlichen Spielregeln, weiblicher Herangehensweise und den unterschiedlichen Tendenzen der Geschlechter.

Zuallererst zum leider (noch) unerfreulichen Teil, nämlich dann, wenn die „Lust an der Differenz“ noch vom „Frust über die Differenz“ überschattet wird. „No Woman Membership Policy“ lauteten jahrzehntelang die Regeln in Augusta, dem Austragungsort der US Masters, also auf einem Platz, der als wahres Nationalheiligtum verehrt und geratet wird. Dagegen trat Ginni Rometty, die neue Vorsitzende des IT-Riesen IBM, an. Oder besser gesagt: Sie trat dafür ein, ebenfalls wie die IBM-Chefs vor ihr behandelt zu werden und Augusta-Mitglied zu werden.

Die vier männlichen Vorgänger von Rometty bekamen die Mitgliedschaft praktisch automatisch, IBM pumpt ja Millionen Dollar in den Golfsport und sponsert dabei auch das Masters-Turnier in Augusta. Die neue 53-jährige IBM-Chefin gilt als der Prototyp der Erfolgsfrau, die sich in Jahrzehnten harter Arbeit in einem von Männern dominierten Umfeld bis an die Spitze eines der größten Unternehmen der Welt hochgearbeitet hat. Deshalb hatte sich die gesellschaftspolitische Brisanz des Themas bis ins politische Washington herumgesprochen. Jay Carney, Pressesprecher des Weißen Hauses, ließ durchblicken, Präsident Barack Obama glaube, Augusta sollte Frauen zulassen. Die „Zeit, in der Frauen von irgendetwas ausgeschlossen sein sollten“, sei „lange vorbei“.

Zur Gender-Debatte in Augusta bei -einem Pressegespräch befragt, zeigte sich Lee Westwood zurückhaltend: „What gender issue? I’m a man.“ war die knappe Antwort der Golflegende. Positiver medialer Nebeneffekt des ganzen Tumultes: „Ginni“ stahl Tiger Woods und Martin Kaymer damit die Show.

Und das, obwohl Rometty sich selbst mit Äußerungen zurückhielt und man sich auch bei IBM in Schweigen hüllte. Immerhin schaffte es der Konzern in den 90er-Jahren, dem Shoal Creek Golf Club in Alabama den Rassismus auszutreiben. Als Reaktion auf die „White men only“-Politik des Klubs stornierte IBM damals kurzerhand alle Werbespots, die für ein auf dem Parcours gespieltes Turnier gebucht worden waren, und sorgte damit dafür, dass fortan auch Schwarze als Mitglieder akzeptiert wurden. Inzwischen ist die
US-Politikerin Condoleeza Rice Mitglied in Alabama. Und die ist nicht nur schwarz, sondern auch eine Frau.

Frauen lernen anders!

So viel zum Blick in Richtung USA. In unserem Heimatland geht es da gottseidank weitaus friedlicher zu. Kleine Konflikte gibt es nur, wenn sich Ehepartner im Zuge eines  gemeinsamen Spiels in die Haare bekommen. „Das ist ganz normal“, weiß die auf Golf spezialisierte Mentaltrainerin Kristin Walzer. „ Frauen bevorzugen emotionale Lern-aspekte, Männer hingegen setzen auf analytische Lernaspekte.“ Kein Wunder also, dass es zwischen den beiden Geschlechtern oftmals fast so etwas wie einer Übersetzung bedarf. Doch was bedeutet dies? Kurz gesagt: Frauen lernen durch Beobachten, Abschauen und Nachmachen. Männer hingegen lieber und besser durch detaillierte Angaben und Schritt-für-Schritt-Anleitungen (siehe auch Kasten „Female und Male Power“).

Mittlerweile hat es sich dankenswerterweise längst schon herumgesprochen, dass die High Performance einer Frau nicht durch Anpassung an die Männerwelt zu erreichen ist. Die sportmotorische Leistung hängt nämlich nicht nur vom Lernverhalten, sondern auch von einer Vielzahl spezifischer Faktoren ab. Dazu zählen im Golfsport die konditionellen und koordinativen sowie psychischen und taktische Fähigkeiten, äußere Bedingungen und spezielle Rahmenbedingungen wie Talent, Konstitution und  Gesundheit.

Gleich vorneweg: Nicht alles und jeder lässt sich kategorisieren. Das ist auch nicht der Anspruch unserer Golf & Gender-Story. Es gibt Frauen, die Leistungssport lieben und wie Männer gerne Wettkampfatmosphäre schnuppern. Und im Gegenzug gehen manche Männer mit einer großen Gelassenheit auf den Platz, nicht für alle ist der eigene Score eine der wichtigsten Nebensachen der Welt. Wir sprechen somit in all unseren Beobachtungen von Tendenzen.

Dass bei beiden Geschlechtern jedoch ein großer Gleichklang und Lust im Sinne der Freude am Spiel besteht, ist auf den Golfplätzen aller Welt zu erfahren. Doch auch die „Lust an der Differenz“ zeigt sich bei einer Runde ganz augenscheinlich. Kristin Walzer dazu: „Frauen spielen, auch als Anfängerinnen, früher mit dem Holz. Die Erklärung ist einfach: Sie schwingen lieber als Männer. Diese greifen nämlich bevorzugt zu Eisen, um mit Kraft den Schlag auszuführen.“ Das erklärt auch die unterschiedliche Sichtweise, was „ein guter Shot“ war: Für Männer ist die Länge der größte Erfolgsfaktor. Da ist es dann auch egal, wohin der Ball geht. Für Frauen ist es hingegen wichtig, dass ihre Schläge gerade und kontinuierlich sind, auch wenn diese nicht so weit Richtung Loch gehen.

Gegensätze ziehen an – und aus 

Nicht miteinander vergleichbar und zumeist different sind auch die Investitionen in den Golfsport: Männer erfreuen sich gerne am neuesten Schläger-Equipment oder an Trolleys, die manchmal gar schon einem Kleinwagen in Preis und Leistung entsprechen können. Je teurer, technisch ausgefeilter und die Konkurrenten vor Neid verstummen lassend dies alles ist, desto besser. Frauen genießen es ebenfalls, wenn andere vor Bewunderung erblassen. Nur bewerkstelligen sie dies lieber mit ihrem Outfit. Die meisten Golf-Ladies lieben es, in ihre Bekleidung zu investieren. Dass dabei die Schläger auch mal die vom Gemahl übertragenen und übernommenen sein können, hat Walzer schon mehrmals beobachtet.

Beim Putten gibt es jedoch laut Golf Digest klare Score-Vor-teile für die männliche Fraktion. Diese lägen daran, weil Männer einfach mehr üben und früher damit beginnen würden, also einfach mehr Praxis hätten. Als zweiter Faktor gilt die bestmögliche Instruktion. „Männliche Profi-Spieler können sich oft ihre Trainer aussuchen. Bei Frauen ist dies zumeist anders“, beschreibt Kristin Walzer die Lage.

Und was ist mit den ansonst im Leben so viel bzw. manchmal gar zu viel beach-teten Körpermaßen? Klar gesagt: Groß, schlank und lange Beine – was generell als sexy gilt – ist nicht unbedingt das Maß aller Dinge für einen gelungenen Auftritt am Golfplatz. Das ideale biometrische Anforderungsprofil an einen Golfspieler, egal ob männlich oder weiblich, lautet folgendermaßen: kräftige und kurze Beine, langer und kräftiger Oberkörper sowie lange und schnellkräftige Arme. Bekommen Sie eine Ahnung, warum die etwas gewichtigere englische Proette Laura Davies (siehe Foto vorne) so erfolgreich ist?

Durch den rumpfbezogenen Körperbau von Frauen entstehen für Athletinnen nämlich konstitutionelle Vorteile im Golfsport: Die kurzen Beine helfen bei der Stabilisierung während der Drehbewegung. Der zumeist niedrige Körperschwerpunkt, der aus dem rumpfbezogenen -Körperbau resultiert, wirkt sich ebenfalls positiv auf die Stabilisierung aus. Und zu guter Letzt bewirkt der zumeist längere Oberkörper bei Frauen eine bessere Mobilität der Wirbelsäule während der Dreh-bewegung. Also worauf noch warten, liebe Ladies, ran an den Ball – am besten mit -einem männlichen Golfpartner gemeinsam. Denn wie heißt es so schön: Gegensätze ziehen einander an!

Gender-Daten der Golfspieler in Österreich

38% Frauen und 62% Männer

Female Power: emotionales Lernen

Menschen lernen von Geburt an durch Emotionen. Kleinkinder, die das gesprochene Wort noch nicht interpretieren können, lernen affektiv. So versteht ein Kind zwar nicht jedes Wort, lernt aber ganz leicht durch „abschauen und nachmachen“. Frauen haben sich diese Gabe laut Mentaltrainerin Kristin Walzer zumeist beibehalten und lernen, indem sie den Trainer beobachten und seinen Schwung kopieren. Frauen denken weitaus ganzheitlicher.

Male Power: analytisches Lernen

Bei dieser Vorgehensweise wird ein Problem oder ein zu erlernendes Ziel analysiert, also Schritt für Schritt unterteilt und in eine Reihenfolge gebracht. Richtlinien à la „Du musst Deine Arme im Durchschwung mehr abwinkeln“ oder „Die Beine sollten im Knie circa 30 Grad gebogen sein“. Männer gehen generell auch lieber ins Detail, wie eben bei Grad-Angaben etc., und haben dafür Mühe mit vagen Ausdrücken wie „ich vermute“. Dafür können Männer generell besser mit Konkurrenzsituationen umgehen.

Golf-Blogs mit weiblicher Würze

thegolfgirl.blogspot.com – Patricia Hannigan ist mittlerweile im Netz populär. „Golf meets New Media“ ist ihre Devise und „Golf Girl’s Little Tartan Book“ lautet der Titel ihres Buches.

ygolfmagazine.com – Das Y-Chromosom dürfte nicht für die Namensgebung verantwortlich sein, denn dann wäre diese Site männlich dominiert. So aber lächelt  einem gleich der Claim „For Women Golf Magazine“ entgegen.

WeiUnderPar.com – Stephanie Wei betreibt den meistgelesenen unabhängigen Woman-Blog. Gemeinsam mit ihrem Team bringt
sie auf WeiUnderPar Neuigkeiten aus dem Golfsport, und zugleich auch – und dafür wird sie von ihren LeserInnen heiß geliebt – ihre eigene Meinung dazu und somit ihre persönliche Note.

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